Bergwaldprojekt, das will ich!

Martin
Jahrgang: 1966
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Geschäftsführer
Beruf: Forstingenieur und Bergführer
Berufung: Siedler in Kanada um 1860 oder Hirt
Lieblingsbaum: Mehlbeere und roter Holunder
Freizeit: Berge, Bücher, Musik

Armon
Jahrgang: 2002
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Teilnehmer
Beruf: Gymnasiast
Berufung: Kunst
Lieblingsbaum: Die Trauerweide gefällt mir
Freizeit: Zeichnen, Musik machen, Klettern

Wie bist du zum Bergwaldprojekt gekommen? 
Martin: Während meines Studiums sah ich die damalige Broschüre des Bergwaldprojekts, die auf der Titelseite einen Stein, der von einem Baum gebremst worden ist, zeigt. Da sagte ich mir: «Das will ich!» Anfang der 90er Jahre dann, vor dem Schlussdiplom, war ich in Disentis in einer Pause mit dem Velo unterwegs. Auf Crap Stagias traf ich eine Gruppe Freiwilliger. Sie haben mich zum Znacht eingeladen, am Ende hat mir Bergwaldprojekt-Gründer Renato Ruf seine Stirnlampe ausgeliehen, damit ich im Dunkeln besser mit dem Velo wieder ins Tal runter komme. Das war der zweite Kontakt, und danach hab ich mich als Freiwilliger am Projekt Uri beteiligt. Im Jahr darauf war ich in der Gruppenleiterwoche in Malans und wieder ein Jahr später leitete ich die Projekte in Uri, an der Rigi und in Haslen. Danach war ich als selbständiger Forstingenieur tätig, bis ich für die Geschäftsführung des Bergwaldprojekts angefragt wurde. Dabei gab es gute Mitbewerber, das war eine enge Entscheidung. Ich bin heute noch froh, dass sich der Stiftungsrat damals für mich entschieden hat.
Armon: Mein Vater hat mich mitgenommen, er hatte damals schon länger für das Bergwaldprojekt gearbeitet und wollte, das wir auch mal sehen, wo er arbeitet. Meine Mutter und mein Bruder Julian waren auch dabei, die ganze Familie war im Familienprojekt in Trin. Ansonsten hab ich schon bei einigen Einsätzen tageweise mitgearbeitet, auch da war die ganze Familie dabei. Und dieses Jahr war ich mit dem Kloster Disentis in einer Projektwoche.

Was ist deine liebste Arbeit draussen?
Martin: Ehrlich gesagt, fälle ich für mein Leben gerne Bäume mit der Motorsäge. Meine Frau sagt, danach rieche ich so gut. Ich mache aber auch gerne Schlagräumungen. Wenn die Äste nach einem guten System aufeinandergelegt werden, dann entstehen wunderbar hohe Gebilde.
Armon: Von dem, was ich bisher gemacht habe, hat mir das Bauen der grossen Wildschutz-Zäune in Disentis gefallen. Das war sehr interessant, wir sahen direkt, was wir getan haben und durften mit Schrauben und Draht arbeiten.

An welchen Projektorten hast du bisher gearbeitet?
Martin: Praktisch an allen, ausser vielleicht an zwei Orten. Wenn ich ein Projekt besuche, dann arbeite ich immer mit. An fünf bis zehn Projektorten war ich auch schon als Projektleiter tätig. Der Chef muss auch draussen arbeiten, sonst verliert er den Bezug zur Kernaufgabe. Am liebsten arbeite ich in Schulprojekten, das ist zwar eine grosse Herausforderung, aber bei den Jugendlichen ist eine klare Entwicklung während ihres Einsatzes ersichtlich, was mich sehr freut.
Armon: Ich war bisher in Trin mehrmals im Einsatz, einmal in Disentis und im Sommer in Katalonien.

Was unternehmt ihr gemeinsam?
Martin: Wir gehen gemeinsam zu Berg. Dies nicht sportlich oder wettkampfmässig, aber meine Frau und ich teilen uns diese Leidenschaft, und die Jungen sind dabei. Später sollen sie sich selber entscheiden, was ihre Leidenschaft ist. Zudem musizieren Armon und ich zusammen. Mittlerweile spielt er besser Gitarre als ich, wir spielen und singen zusammen.
Armon: Wir haben einen Specksteinofen daheim, das ganze Haus wird mit diesem geheizt. Im Herbst und manchmal auch im Frühling holzen wir alle gemeinsam. Wir fällen Bäume und machen selber unsere Holzscheite.

Was ist dein Hobby?
Martin: Die Berge sind mein Hobby. Alpinismus allgemein, ausser Basejumpen mache ich praktisch alles. Bäume und Bücher würde ich auch noch dazu zählen.
Armon: In letzter Zeit klettere ich viel, in der Halle und draussen. Wir machen das als Familie, da muss man halt oft auch einfach mit. Auch auf Skitouren gehen wir viel. Ich zeichne ausserdem sehr gerne, meist Fantasyfiguren. Ich habe eine ganze Kiste voller Zeichnungen, das sind bestimmt 300 Stück. Ausserdem spiele ich sehr gerne Gitarre.

Was habt ihr als Familie mitgenommen vom Einsatz beim Bergwaldprojekt?
Martin: Mir hat die Teilnahme am Familienprojekt gezeigt, dass gemeinsame Zeit das wichtigste überhaupt ist. Für mich als Vollzeit-Arbeitender war es eine Entdeckung, wie die Kinder funktionieren, und zu was sie allem fähig sind. Und was für sie noch zu viel ist: Der jüngere Sohn, Julian, ist manchmal vor Anstrengung einfach eingeschlafen. Ich hatte etwas Respekt vor dieser Woche, aber es hat alles geklappt.
Armon: Wir sprechen zu Hause oft über das Bergwaldprojekt und Julian und ich diskutieren mit.

Würdest du einen Einsatz im Bergwaldprojekt deinen Kollegen empfehlen?
Martin: Ich lebe ja vom Bergwaldprojekt und hatte erst etwas Respekt, meine Kollegen darauf hinzuweisen. Aber das war völlig unbegründet, sie zeigen Interesse an unserer Organisation und etliche von ihnen sind mittlerweile Spender.
Armon: Ich würde sehr gerne mit einem Kollegen zusammen beim Bergwaldprojekt arbeiten.

Was ist dein eindrücklichstes Erlebnis?
Martin: Ein Schulprojekt in Vrin wird mir sehr in Erinnerung bleiben. Die Berge und die Natur wirken extrem auf Jugendliche, das ist toll zu beobachten. Einmal hatte ich einen Jungen in einem Projekt, der wollte Kieferorthopäde werden. Er hat die Werkzeuge super geschliffen, man sah schon seine Berufung.
Armon: In der Projektwoche diesen Herbst haben wir einmal an einem Tag bei übelstem Wetter eine Schlagräumung gemacht. Mich hat das beeindruckt, die Elemente waren in Aufruhr und wir haben dennoch gearbeitet. Wir mussten uns einen Unterschlupf aus einer Blache machen, für die Pausen. Sonst geht man bei solchem Wetter doch jeweils einfach nach Hause.

Wie sieht der Bergwald in 20 Jahren aus?
Martin: Das macht mir Sorgen. Er wird an gewissen Orten stabiler sein, vielfältiger und mit starker Struktur. Andernorts aber wird es mehr Lücken geben. Das Klima, Stürme und Trockenheit setzen ihm zu, die Fichte kommt unter Druck.
Armon: Es gibt ihn noch auf jeden Fall. Und wenn die Freiwilligen mit dem Bergwaldprojekt ihre Arbeit weiter gut machen, dann ergibt sich vielleicht auch einmal eine Veränderung in grösserem Rahmen.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Martin: Empathische Menschen, die sich in die ökologische Situation einfühlen können, und dann nach diesem Gefühl handeln und denken.
Armon: Wir haben gerade einen Partymonat hinter uns. Das hat mir sehr gefallen, ich würde gerne im Sommer etwas arbeiten und etwas feiern. In weiterer Zukunft möchte ich nach der Matura gerne studieren. Vielleicht an der Kunstgewerbeschule. Ich habe auch mal an ein Medizinstudium gedacht, vielleicht aber mache ich auch einfach ein Stundium in eine Richtung, die viele meiner Kollegen einschlagen.

11. Januar 2018

Die Schüler haben in fünf ruhigen Minuten erstmals in dieser Zeit die Natur gehört

Jule Niepmann
Jahrgang: 1996
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiterin
Beruf: Studentin
Berufung: Glücklich sein
Lieblingsbaum: Dieses Jahr die Arve
Freizeit: Schnitzen, Wandern, Kochen

Jule, wie bist du auf das Bergwaldprojekt gestossen?
Im fünften Semester des Forstwirtschaftsstudiums an der Hochschule Rottenburg ist ein Praktikum vorgeschrieben. Eigentlich wollte ich in die Tropen dafür, aber die Praktikas waren zu wenig lang. So bin ich über eine Freundin aufs Bergwaldprojekt gestossen. Ich hab mich spontan am Telefon beworben und konnte dann von August bis Oktober als Praktikantin arbeiten.

Wie war dein Einsatz?
Es hat alles gut funktioniert. Ich hatte wunderbares Wetter über diese Wochen, und es hat mir total Spass gemacht. Die klaren Strukturen beim Bergwaldprojekt haben mir sehr zugesagt, dies ist mir noch viel mehr aufgefallen, als ich dann grad anschliessend mein zweites Praktikum in Indonesien fertig hatte.

Ein ganz anderes Tätigkeitsfeld.
Tatsächlich. Ich war auf der Insel Borneo im Einsatz, ein komplettes Kontrastprogramm zum Bergwaldprojekt. Sowohl vom Klima her als auch von den Menschen und der Art zu arbeiten. Auch dort hatte ich mit Aufforstung zu tun, in Indonesien ist allerdings der Verlust der Waldfläche und des Lebensraums der Wildtiere viel offensichtlicher. Wenn man da ist, sieht man: Die Ausbeutung des Landes ist sehr krass. Und in nächster Zeit wird diese wohl nicht gestoppt werden, denn es sind zu viele Konzerne und Begehrlichkeiten involviert.

Nun bist du aber zum Bergwaldprojekt zurückgekehrt.
Mir gefällt es in den Bergen sehr gut. Und das Bergwaldprojekt hat bei mir so viele positive Eindrücke hinterlassen, dass ich es gerne weiter unterstützen möchte. So habe ich entschieden, in meiner freien Zeit als freiwillige Gruppenleiterin zu arbeiten. Ich war jetzt gerade zwei Wochen in Trient und es war eine spannende Erfahrung.

Was magst du denn so an der Arbeit mit Freiwilligen im Bergwald?
Ich vermittle sehr gerne Wissen zum Bergwald und zu den diversen Arbeiten, die wir machen. Aber ein grosser Aspekt für meine Begeisterung ist die Arbeit mit den anderen Gruppenleitern. Sie sind oft Menschen, mit denen ich gut harmoniere. Die grösste Herausforderung ist es für mich, jede Woche mit dem Team eine gute Erfahrung für die Teilnehmer zu schaffen. Gleichzeitig ist es auch das, was mir am besten gefällt an dieser Arbeit. Als Team gemeinsam Verantwortung zu haben, diese soziale Komponente ist für mich sehr wichtig.

Was bringt so ein Einsatz beim Bergwaldprojekt einem angehenden Profi wie dir?
Für mich ist das eine sehr gute Schulung für die Zeit nach dem Studium. Die Gruppenleiter müssen oft sehr flexibel sein und sich auf ganz neue Situationen mit ganz verschiedenen Menschen, die sie anleiten sollen, einstellen. Genau so wird es auch nachher als Förster sein. Oft ist man dann nicht die erfahrenste und ortskundigste Person am Platz, aber jene, die Verantwortung trägt. Das bedeutet, dass man sich schnell einarbeiten können muss und ein gutes Verständnis jener Tätigkeiten haben muss, die man anordnet und überwacht. Genau das habe ich beim Bergwaldprojekt gelernt, dazu gehört auch die Sicherheit der ganzen Gruppe zum Beispiel.

Ein Gruppenleiter arbeitet jede Woche mit einem neuen Team.
Das ist für mich etwas erschöpfend. Ich brauche in meinem Leben nicht viel Wechsel, bin bodenständig und begrenze bewusst das Neue. Deshalb möchte ich nun als freiwillige Gruppenleiterin auch nicht mehr als zwei Wochen am Stück arbeiten. Man ist nie allein bei einem Bergwaldprojekt-Einsatz, es gibt praktisch keine Rückzugsmöglichkeiten. Das entspricht nicht meinem Naturell. Es ist ja auch sehr gegensätzlich, wenn man an einem ganz entlegenen Ort mit vielen Leuten ist. Ich habe zum Beispiel einmal bei einem Schulprojekt in Vrin den Jugendlichen auf einem Berggipfel gesagt, sie sollen mal fünf Minuten ruhig sein, als Spiel. Das haben sie wirklich gemacht, und dabei wohl zum ersten Mal in dieser Zeit die Natur gehört.

Was bedeutet dir der Wald?
Der Wald fasziniert mich sehr, meine Mutter hat mir die Botanik schon früh näher gebracht. Mich freut es auch, dass das Bergwaldprojekt unterschiedliche Ökosysteme pflegt. Diese Thematik spricht mich am meisten an. Ich hab zum Beispiel auch festgestellt, dass ich vermutlich nicht in den traditionellen Forstberuf reingehen werde, mich interessiert so viel, was da nicht drin ist. Symbiosen, andere Ökosysteme und vieles mehr. Ich kann mir vorstellen, dass ich das noch vertiefen werde, in einem weiteren Studium.

Wie ist jeweils die Rückkehr in die Zivilisation?
Dieses Jahr, nach zwei Wochen Trient, war es ganz in Ordnung. Letztes Jahr aber hatte ich viele Wochen am Stück gearbeitet und wurde am ersten Tag Zuhause gleich an eine Party geschleppt. Ich sass da inmitten der Leute, alles war so eng und klein und voll und laut, ich hatte einen kleinen Kulturschock. Mir ist es lieber, auf einem ruhigen Berg zu sitzen.

27. November 2017

Den ganzen Tag draussen auf den Beinen zu sein, das ist streng

Anine Jamin
Jahrgang: 1993
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Freiwillige auf der Alp Madris
Beruf: Studentin
Lieblingsbaum: alte, dicke, grosse Bäume
Freizeit: Velofahren, wandern, joggen, mit Freunden etwas unternehmen.

Anine, wie bist du auf das Bergwaldprojekt gestossen?
Ich wollte diesen Sommer auf einer Alp arbeiten und habe mich umgesehen, wo das möglich wäre. Bei diesen Recherchen bin ich auf das Bergwaldprojekt gestossen, von dem ich bereits früher gehört hatte.

Wieso hast dich für einen dreiwöchigen Einsatz auf Madris entschieden?
Mich hat die Kombination von Alpbetrieb und arbeiten im Bergwald angesprochen. Das ist für mich spannend, weil auch der Wald dabei ist, mit dem ich mich während des Studiums auch befasse. Und dieser Einsatz ist keine derart einsame Sache, wie ich mir einen reinen Alpsommer vorstelle. Hier sind immer andere Freiwillige da, und das Team kommt noch dazu.

Was machst du denn auf Madris?
Einerseits arbeite ich mit den Geissen, die müssen am Morgen rausgelassen werden und am Abend dann wieder in die Nachtweide gesperrt werden. Seit wenigen Tagen sind sie jetzt auf der Alp oben, da gilt es immer hoch und runter zu laufen. Die Geisen sollten einen festen Tagesrhythmus haben. Im Wald haben wir bisher eine Schlagräumung zur Durchforstung gemacht und bauen jetzt einen Weg zu den Weiden. Alle Arbeiten sind mit viel Laufen verbunden, und es geht ausnahmslos steil hoch und steil runter.

Welche Arbeit hat dir am besten gefallen?
Das Zäunen. Das war ein Wechsel von Gehen und Arbeiten auf der Alp. Aber auch der Umzug der Geissen von hier unten auf die Alp hoch war sehr interessant. Ich habe noch nie mit Geissen gearbeitet und finde sie tolle Tiere mit ganz eigenem Charakter.

Was sind für dich die Herausforderungen in diesem Projekt?
Ich sitze sonst im Vorlesungssaal. Den ganzen Tag draussen auf den Beinen zu sein und körperlich zu arbeiten, das ist streng. Da musste ich mich erst dran gewöhnen, aber ich mach das sehr gerne. Bin immer schon gerne draussen und in den Bergen gewesen.

Wie ist das Leben in einem kleinen Team, so eng aufeinander?
Eigentlich harmonieren wir als Gruppe gut. Es kommt wohl auch auf die Zusammensetzung des Teams an. Bei uns funktioniert das gut. Wenn jemand mal etwas Ruhe braucht, dann kann er oder sie sich am Abend auch etwas zurückziehen. Es sind ja nur drei Wochen.

Ist der Wald auf Madris speziell?
Ich finde die Mischung aus Schutzwald und Weidewald spannend. Das findet man im Mittelland nicht so häufig. Ich sehe nun wie das funktioniert, und dass hier besser Lärche wachsen sollte statt Fichte, damit das Weideland aufkommen kann.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der lokalen Bauernfamilie?
Wir Freiwilligen haben sehr oft mit der Familie Patzen zu tun. Einmal in der Woche dürfen wir bei ihnen essen, sie haben uns ihren Hof gezeigt, kommen immer wieder vorbei und erzählen viel von ihrem Leben hier oben. Das sind tolle und interessante Begegnungen. Sie sind die einzigen, die das ganze Jahr über hier in diesem Hochtal leben.

Könntest du dir vorstellen so zu leben?
Einen Sommer lang durchaus. Diese drei Wochen waren ein guter Einblick in das Leben an einem solchen Ort. Noch immer würde ich gerne einen Sommer auf einer Alp verbringen, nach diesen drei Wochen auf Madris umso mehr.

Was bringt dich an deine Grenzen?
Nach einem ganzen Tag zäunen und immer im steilen Hang stehen, da haben mir schon die Füsse weh getan. Und auch das erste Mal, als 130 Geissen auf mich zugerannt kamen, das war schon ein einschneidendes Erlebnis.

Was war ist dir wichtiger hier oben, der Wald oder die Tiere?
Der Kontakt zu den Tieren bringt immer wieder aufregende Momente, ihr Verhalten ist nicht wirklich planbar, was ich sehr abenteuerlich finde. Aber eigentlich gefällt mir einfach das draussen sein und die Natur erleben.

16. August 2017

Es ist sehr schön, sich gemeinsam einzusetzen

Michael Dobrowolski
Jahrgang: 1960
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Freiwilliger
Beruf: Forstwart gelernt, arbeitet jetzt als Gärtner
Lieblingsbaum:  Wenn ich einen Wald hätte, würden darin sicher Föhren stehen
Freizeit: Wandern, Velofahren, Musik machen und meine Obstbäume pflegen

Michael, wie hast du das Bergwaldprojekt entdeckt?
Es ist noch nicht so lange her, da habe ich – wohl im Hause meiner Schwiegereltern – das Jahresprogramm des Bergwaldprojektes gesehen. Da ich sehr gerne im Wald arbeite, habe ich mich sofort für einen Einsatz interessiert. Ich bin dann letztes Jahr zum ersten Mal in den Winterwald.

Du hast also im Schnee gearbeitet. Mit Werkzeug, das du bereits kanntest?
Aus meiner Lehrzeit kenne ich all die Werkzeuge, die hier in den Einsatz kommen. Zapin, Zweimannsäge, Axt, ich bin den Umgang mit diesen Werkzeugen gewohnt. Im Militär habe ich oft mit Motorsägen gearbeitet, ich erinnere mich gut an einen Einsatz im Puschlav nach einem Unwetter. Und ich arbeite sehr gerne draussen, eigentlich bei jedem Wetter. Das Arbeiten im Schnee hat mir gut gefallen, ich treibe keinen Wintersport, holze lieber im winterlichen Wald.

Wie gefällt dir die Arbeit mit dem Bergwaldprojekt?
Es ist erstaunlich, wie motiviert die Freiwilligen jeweils sind. Ich bin jetzt schon zum vierten Mal dabei, und es ist schön zu sehen, wie gut die Stimmung in den Projektwochen immer ist. Alle wollen etwas tun und arbeiten, es ist sehr schön, sich so gemeinsam einzusetzen.

Wie gefällt dir das Zusammenleben mit den anderen Freiwilligen?
Ich geniesse diese Zeit richtig. Habe sonst nicht so viele Kontakte, und es ist schön, wenn ich hier auch mein Wissen weitergeben kann. Es fragen mich immer wieder andere Freiwillige, wie sie etwas tun sollen, oder mit welchem Werkzeug. Ich habe viele spannende Begegnungen gehabt in den Projektwochen. Die Kontakte halten jeweils aber nicht über die Woche hinaus. Dafür ist der Einsatz wohl zu kurz.

Was nimmst du von so einer Woche mit nach Hause?
Viel Zufriedenheit, dass ich im Bergwald arbeiten durfte. Und das mit netten Leuten. Und ich habe hier das Schneeschuhlaufen für mich entdeckt. Ich wandere gerne, aber im Winter war ich bisher nicht so unterwegs. Das wird sich jetzt vielleicht ändern.

Was empfiehlst du einem Bergwaldneuling?
Er oder sie soll offen sein. Ich würde erklären, wie eine Projektwoche abläuft und ihm einen Einsatz ans Herz legen. Fit muss man schon sein, schliesslich ist man als Freiwilliger den ganzen Tag draussen am Arbeiten, teilweise auch in steilem Gelände.

Gibt es eine Arbeit, die du besonders gerne machst?
Pflanzen und pflegen, das tu ich sehr gerne. Aber Holzen gefällt mir genauso gut. Während der Ausbildung hat mir die Wertastung Spass gemacht. Das ist eine sehr schöne Arbeit. Es werden die Äste am Stamm entfernt, damit nachher das Holz astfrei und damit wertvoller ist.

26. April 2017

In einer reinen Waldlandschaft kann der Mensch nicht leben

Philippe Domont
Jahrgang: 1955
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Freiwilliger auf der Alp Madris
Beruf: Forstingenieur und Mediator
Berufung:  beobachten, Wissen teilen, begleiten
Lieblingsbaum:  vielseitige Liebe zu verschiedenen Baumarten wie Eibe, Linde, Birke, Fichte oder Ginkgobaum. Ihre Charaktereigenschaften und das, was sie dem Menschen geben, faszinieren mich immer wieder von Neuem
Freizeit: Geige spielen, Fotografieren, Bergwandern und Klangholz bekannt machen

Philippe, wie hast du das Bergwaldprojekt kennen gelernt?
Ich kenne das Bergwaldprojekt seit seinen Anfängen. Habe in den 80er Jahren beim WSL gearbeitet und war immer informiert über die Projekte, die laufen. Danach war ich zwölf Jahre bei Silviva im Einsatz, und das Bergwaldprojekt habe ich immer wahrgenommen. Dieses Jahr war ich zum ersten Mal dabei.

Du bist als Freiwilliger auf die Alp Madris.
Genau. Mich beschäftigt die Zunahme der Waldfläche im Gebirge seit Jahren. Der Wald verdrängt die Kulturlandschaft dadurch, dass er Weiden, Felder, Rebberge einnimmt. Im Extremfall werden Dörfer mit der Zeit wie Inseln im Wald. In einer reinen Waldlandschaft kann der Mensch aber nicht leben. Wir müssen offene Landschaften erhalten, sie sind psychologischer Sauerstoff für den Menschen. Deshalb sollten wir verhindern, dass der Wald im Gebirge weiterhin auf Kosten der landwirtschaftlichen Fläche zunimmt.

Dem hast du auf Madris gegen gewirkt.
Genau. Das Trennen von Wald und Weide ist sehr wichtig, um den Wald zu schützen. Aber es braucht Nutztiere, um die biologisch und landschaftlich wertvollen Waldweiden zu pflegen. Das ist spannend, ein brennendes Thema! 200 Jahre lang waren Kühe und Ziegen im Wald für jeden Förster etwas Schlechtes, weil sie die Waldverjüngung verhinderten. Aber hier hat es die Situation bereichert.

Deine spannendsten Momente im Projekt?
Ich wollte die Landwirte dort fragen, wie sie mit der Problematik der Verwaldung umgehen und zurecht kommen. Dieser Kontakt war sehr bereichernd, und mir schien es, den Bauern ist sehr klar, was der Einsatz des Bergwaldprojektes für ihr Leben im Hochtal bedeutet.

Nämlich?
Es ist ein Beitrag zur Erhaltung ihres Umfelds. Denn nur wenn das stimmt können sie unter anderem ihren Beruf weiter im Val Madris ausüben und auch weiterhin hier leben. Es ist sehr interessant gewesen zu sehen, wie man mit wenig Leuten und Vieh wichtige Verbesserungen bewirken kann in dieser Höhe. Dieses Thema würd ich gerne mal vertiefen.

Wie war es denn konkret, das Leben auf der Alp?
Ich hab noch nie so etwas erlebt. Kenne Übernachtungen in Berghütten oder unter den Sternen, aber diese Erfahrung, die übertrifft das alles. Ich habe in einer Scheune geschlafen, im Zugwind, die Arbeiten tagsüber waren sehr anstrengend, tagwach um 6 Uhr. Steile Wege, körperliche Herausforderungen. Eine intensive Zeit, auch für die Sinne.

Und die Gruppe?
Wir waren zwei ältere Freiwillige, wie ich sagen würde. Ein pensionierter Uhrmacher und ich. Die anderen Freiwilligen waren alle unter 30, ein Teil von ihnen kommt aus Deutschland. Aber es gab auch immer viel Besuch, Leute, die früher schon einmal hier gearbeitet haben und ihre guten Erinnerungen auffrischen wollten, zum Beispiel. Es ist eine lockere Atmosphäre, wir haben gemeinsam gekocht, abgewaschen und diskutiert. Wichtig war mir der Kontakt zur Bauernfamilie.

Was löst ein Bergwaldprojekt-Einsatz aus?
Für mich standen bei diesem Einsatz der kulturelle Austausch, und die Suche nach der vertieften Beziehung zum Projektort an erster Stelle. Nach 15 Tagen kennt natürlich niemand den Ort vollständig, aber die Gespräche mit den Einheimischen bringen viel darüber hervor. Mir ist sehr bewusst geworden, was es heisst, den Winter an einem Ort zu verbringen, wo monatelang zwei Meter Schnee liegen. Es ist wie Leben in einem weiträumigen Kloster. «Man muss hier geboren sein», sagt der Bauer.

Wie war die Arbeit?
Das Pflegen von Waldweiden ist eine sehr anspruchsvolle Sache. Ich komme ursprünglich aus dem Kanton Jura und kenne diese ständige Suche nach Gleichgewicht zwischen Land- und Forstwirtschaft. Ich war unglaublich müde nach den zwei Projektwochen. Brauchte zwei bis drei Tage, um mich von diesem Einsatz zu erholen. Zuerst ermüdet es stark, ständig am steilen Hang zu arbeiten. Aber nach vier Tagen etwa ist es einem egal, ob der Hang steil ist oder nicht, die Beine haben sich daran gewöhnt.

Wie ist das Leben auf der Alp?
Für mich war vor allem der Umgang mit Wasser, zum Beispiel zum Duschen, eine spannende Erfahrung. Ich war mir sicher, würde die tägliche Dusche vermissen und mich am kalten Brunnen waschen. Zuerst hab ich das auch gemacht, aber irgendwann war es nicht mehr so wichtig. Zum Glück hatte ich T-Shirts aus Wolle dabei, da war das eigentlich nie ein Problem für mich, und keines für die Anderen.

Wird dir etwas von diesem Einsatz bleiben?
Ich habe mir viele Gedanken gemacht. Ich gebe Kurse über Kommunikation, Mediation und verwandte Themen. Gedanken, Körper und Emotionen kann man nicht trennen. Alle drei Ebenen unterstützen sich. Die Körperebene ist bei so einem Einsatz stark  gefordert. Das macht das Erlebte auch auf den anderen Ebenen intensiver. Ich hätte mich gerne vertiefter in der Gruppe ausgetauscht, zum Beispiel über Themen wie Kulturlandschaft und die Beziehung von Mensch und Natur.

Als Forstingenieur befasst du dich schon lange mit dem Wald. Braucht er uns?
Das ist eine interessante Frage in der aktuellen Diskussion über den Naturschutz. Die Leute leben heutzutage mit einer oberflächlichen Vorstellung, von Wald und Natur und deren Beziehung zum Menschen. Zu behaupten, der Wald brauche den Menschen nicht, das ist eigentlich nicht richtig. Es kommt auf das Naturbild an, und auf das Menschenbild. Denn wenn der Wald Funktionen für uns ausüben muss, dann braucht er uns auch. Es gibt Leute, die denken, eine Natur ohne Menschen wäre eine bessere Natur. Dies erachte ich als ist menschenfeindliche und extremistische Einstellung.

Würdest du einen Einsatz beim Bergwaldprojekt weiterempfehlen?
Auf jeden Fall. Die Erfahrung ist ganzheitlich, fast schon «therapeutisch». Für mich war es eine sehr gute Mischung zwischen Alleinsein und in der Gruppe arbeiten. Ich war weg vom Internet und habe entdeckt, dass ich mich da vielleicht etwas therapieren sollte. Online- und erreichbar-sein ist etwas dominant in meinem Leben.

Warum interessiert dich der Wald? Du hast auch ein Buch dazu geschrieben.
Ich bin im Jura aufgewachsen. Unsere Nachbarhäuser waren von Förstern bewohnt. Mit dem einen bin ich immer in den Wald, habe Pilze und Beeren gesammelt. Beim anderen habe ich in den Ferien jeweils gearbeitet. Pflanzungen, Schlagräumungen und so weiter. Mit 19 hab ich dann zwei Möglichkeiten gesehen. Forst oder Musik. Eher zufällig hab ich dann ein Waldstudium gewählt, und immer viel Musik dazu gemacht. Mein Hobby ist das Klangholz, hier verbinde ich diese beiden Welten. Positive Erlebnisse in der Jugend sind eine wichtige Basis für die spätere Berufswahl.

Philippe Domont hat einen Waldführer für Neugierige geschrieben mit 300 Fragen und Antworten über Wälder, Bäume und Tiere. ISBN 978-3-85932-793-1

05. Januar 2017

 

Man möchte, dass alle Platz in der Gemeinschaft haben

Salomé Stähli
Jahrgang: 1985
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiterin
Beruf: Juristin
Lieblingsbaum: Lärche
Freizeit: Wandern, am liebsten mehrtägige Wanderungen mit Zelt, Skifahren, Reisen und Singen in Chören

Salomé, wie bist du auf das Bergwaldprojekt gestossen?
Das war nach meiner Abschlussprüfung an der Uni in Zürich. Ich bin im Internet auf das Bergwaldprojekt gestossen, als ich für die Abschlussprüfungen für mein Rechtsstudium lernte und eine Abwechslung nach dem vielen Lernen suchte.

Wo bist du denn hin?
Mein erster Einsatz war in Champéry. Der ist mir extrem in Erinnerung geblieben. Er hat in mir die Liebe zu den Bergen und zum Bergsport wieder geweckt, die zwischenzeitlich etwas eingeschlafen war. Die Natur, der Wald und die Bäume haben mich schon immer Interessiert.

Und dann hat es dich gepackt.
Ja, da waren zwei Gruppenleiter, an die erinnere ich mich gut. Sie hatten ein extrem breites Wissen über den Bergwald, allgemein über die Natur, und haben mit viel Begeisterung gearbeitet. Diese hat sich auf uns Teilnehmer ausgewirkt, ihre Freude an der Arbeit hat uns alle angesteckt. Wir sind alle enthusiastisch nach Hause gegangen.

Du bist immer wieder gekommen.
Ich habe immer in den Ferien teilgenommen. Es ist eine tolle Abwechslung zu einem reinen Bürojob. Ich hatte in den letzten Jahren als Juristin immer viel mit Leuten zu tun, aber täglich draussen zu sein, sich körperlich zu betätigen und ganz konkret jeden Abend das Resultat seiner Arbeit zu sehen, das tut sehr gut. Es ist viel entspannender im Bergwald zu arbeiten als etwa in einer Stadt Ferien zu machen.

Wie funktioniert der Wechsel vom Büro in den Wald?
Je abgelegener der Einsatzort, desto einfacher ist es für mich. Ich bin in der Stadt aufgewachsen, und lebe auch dort. Es ist eine grosse Umstellung, das ist klar. Aber wenn ich im Wald bin, und dort arbeite, dann ist das kein Problem.

Was ist die grösste Herausforderung für eine Gruppenleiterin?
Ganz klar die Gruppenzusammensetzung. Man möchte, dass sich alle wohl fühlen, dass alle Platz in der Gemeinschaft haben. Das ist nicht immer einfach, die Freiwilligen kommen aus sehr unterschiedlichen Berufen, Lebenssituationen, sind unterschiedlich alt. Aber das ist auch sehr spannend. Man trifft beim Bergwaldprojekt Leute, denen man sonst wohl nicht begegnen würde.

Was ist deine liebste Arbeit im Bergwald?
Mir gefällt der Wegbau, da sind die Resultate so klar ersichtlich. Ich habe auch schon Dreibeinböcke erstellt und von Hand geholzt, aber der Wegbau ist für mich etwas Besonderes.

Wie sieht deine Zukunft aus?
Ich mache derzeit in den USA einen Master im Recht im Bereich internationale nachhaltige Entwicklung. Gerne möchte ich mein Wissen dann einmal für eine Umweltorganisation in der Schweiz einsetzen. Ich bin immer wieder schockiert, wie viele Leute unsorgfältig mit unseren natürlichen Ressourcen umgehen und wie viel Schmutz sie hinterlassen.

Wie reagiert dein Umfeld auf deine Einsätze?
Sehr unterschiedlich. Mein Vater hat selber schon zwei Mal als Freiwilliger beim Bergwaldprojekt gearbeitet, und meine Mutter möchte, nach der Pensionierung, ebenfalls einmal eine Bergwaldprojekt-Woche mitmachen. Einige meiner Freunde bezeichnen dieses Engagement als abenteuerlich, aber spannend.

08. November 2016

 

Ich gebe gerne mein Wissen weiter

Jörg Altorfer
Jahrgang: 1971
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiter
Beruf: Naturschutzpfleger und Landwirt
Berufung: Gottes Garten, also die Natur, pflegen
Lieblingsbaum: Stechpalme (die unteren Blätter sind wehrhaft, die oberen sanft)
Freizeit: OL und Singen (Gospelchor)

Wie bist du zum Bergwaldprojekt gekommen?
Ich habe 2010 am Naturkongress Basel durch einen Wettbewerb zum ersten Mal vom Bergwaldprojekt gehört. Ich wandere gern in den Bergen und geniesse es, in steilen Lagen zu arbeiten und andere Probleme anzuschauen, als sie mir in meinem Beruf in Winterthur begegnen. Deshalb war mein erster Einsatzort Schaan, abgelegen und steil. Während des Einsatzes merkte ich, dass es mir Spass macht, eine Woche mit wildfremden Leuten zu verbringen.

Warum bist du Gruppenleiter geworden?
Bei diesem Einsatz in Schaan ist mir bewusst geworden, dass ich gerne mein Wissen weitergebe. Die Idee einer Projektwoche ist ja auch, dass den Freiwilligen Informationen vermittelt und Arbeiten gezeigt werden, die sie noch nicht kennen. Das gefällt mir.

Konntest du von der Gruppenleiterausbildung profitieren?
Ich habe einige neue Arbeiten gelernt, beispielsweise den Wegbau und das Erstellen von Dreibeinböcken. Aber ich habe auch gelernt, wie ich mit den Leuten umgehen muss. Und genau das ist auch mit ein Grund, weshalb ich so gerne als Gruppenleiter ins Bergwaldprojekt gehe.

Und wie war denn dein erster Einsatz als Gruppenleiter?
Das war ziemlich mühsam, aber auch sehr lehrreich. Ich war in ein Schulprojekt eingeteilt. Nicht alle Schülerinnen und Schüler waren gleich motiviert in dieser Woche, die Gruppe gemeinsam in eine Richtung zu steuern war nicht immer ganz einfach.

Du arbeitest also auch sonst in diesem Bereich?
Ja, ich bin Naturschutzpfleger bei der Stadt Winterthur. Rund 30 Hektaren werden von mir unterhalten und gepflegt. Der Job gefällt mir gut, ich mach ihn gerne noch weitere 15 Jahre. Meine erste Ausbildung war Agronom, dann habe ich tropische Landwirtschaft studiert.

Das heisst, du verbringst viel Zeit im Wald und in der Natur.
Das stimmt, für mich ist die Natur ein Arbeitsort. Aber ich gehe auch in der Freizeit gerne in den Wald oder in die Berge, dies verbinde ich auch mit meinen Hobbies, dem Orientierungslauf und dem Wandern. Ich bin sehr naturverbunden, habe kein Auto und fahre hauptsächlich Velo.

Welche Arbeiten machst du am liebsten?
Jungwaldpflege, das mach ich gerne. Da kann ich entscheiden, welche Bäume Zukunftsbäume sind und welche weg müssen. Im Lütschental haben wir Wege gebaut, das ist anspruchsvoll und gefällt mir gut. Am spannendsten wäre es, nach zehn Jahren jeweils zurück zu kehren und zu schauen, was sich alles verändert hat.

Wo warst du schon überall im Einsatz?
Ich war in Trin, in Soazza, in Schaan und in Lütschental. In diesem Jahr in Arosa. Ich erkunde die jeweilige Gegend am Wochenende zwischen zwei Projektwochen bei einer Bergtour. Ich gehe dann immer soweit hoch, wie es geht. Da ich meist im Frühling als Gruppenleiter im Einsatz bin, liegt oft noch Schnee.

Für dich ist die Rückkehr in den Alltag kein derart grosser Schritt, wie etwa für Büroangestellte.
Als Naturschutzpfleger arbeite ich praktisch immer im Freien. Aber: Normalerweise arbeite ich mit höchstens zwei weiteren Personen zusammen. Beim Bergwaldprojekt ist es ein grosses Team. Und ich habe da jeweils zwei Wochen lang keinen Rückzugsort, das ist speziell, gefällt mir aber. Ich wohne alleine und diese Abwechslung ist auch schön. Und ich geniesse das Leben in den Bergen sehr. Bei mir zu Hause sehe ich nicht mal Berge, wenn ich aus dem Fenster schaue.

03. August 2016

 

Mir geben diese Einsätze Energie

Jasmin Cantner
Jahrgang: 1966
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiterin
Beruf: IT Beraterin
Berufung: ein gutes Leben führen, im Einklang mit der Natur
Lieblingsbaum: Föhre
Freizeit: Klettern, Moutainbiken, Nähen, Stricken

Aus der Computerwelt in die Bergwald-Welt. Das machst du mehrmals im Jahr. Ein einfacher Wechsel?
Während ich mit dem Zug an meinen Einsatzort fahre, stelle ich mich auf eine Woche offline ein, mittlerweile ist es wie ein zweiter Job. Die Projektwoche ist wie eine andere Welt, gleichzeitig aber auch ‚wie daheim’. Am eindrücklichsten ist die Rückreise: Je näher der Zug Zürich kommt, umso stärker spürt man die Stadt.

Was macht denn diese andere Welt aus?
Am meisten schätze ich die Arbeit und die Menschen, mir geben diese Einsätze Energie. Ich habe schon so viele Einsätze gemacht, und treffe praktisch ausschliesslich wunderbare Menschen beim Bergwaldprojekt. Zudem sehe ich jeden Abend das Resultat meiner Arbeit und habe meine Dosis Natur auf sicher.

Du kehrst immer wieder an Projektorte zurück. Wie verändert sich der Bergwald über die Jahre?
In Jaun haben wir beispielsweise im einen Jahr den Jungwald gepflegt und aufgeräumt, es war wie im Urwald da. Im kommenden Jahr sah die Fläche toll aus, das freut mich sehr. In St. Stephan haben wir drei Jahre lang einen Geröllhang bepflanzt. Praktisch 100 Prozent der Pflanzen sind angewachsen und beginnen den Hang zu stützen. Aber es gibt auch das andere Beispiel: In Langwies haben wir mal hunderte Bäumchen gepflanzt. Im nächsten Jahr waren alle an einem Pilz zugrunde gegangen.

Wie reagieren deine Arbeitskollegen auf deinen zeitintensiven Freiwilligeneinsatz?
Die Reaktionen sind positiv. Allerdings sagen die Meisten: ‚Das könnte ich nicht.’ Sie nutzen ihre Freizeit für etwas weniger Anstrengendes.

Was bedeutet dir der Wald?
Ich wohne in Riehen, in der Nähe sind Weinberge, der Schwarzwald, der Jura, die Vogesen. Mich zieht es in meiner Freizeit in den Wald obwohl es auch schöne Kulturlandschaft hat, ich geh da bei jedem Wetter hin. Die offene Fläche hat für mich nicht den Reiz.

Du warst schon in fast 100 Projektwochen. Wo hat es dir am besten gefallen?
Da kommt mir spontan Elm in den Sinn. Die Hütte ist super schön, die Landschaft gefällt mir sehr, das Martinsloch ist immer im Blickfeld. Es ist fast schon romantisch.

10. Mai 2016

Ich schaue den Wald heute mit anderen Augen an

Armin Grimm
Jahrgang: 1956
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Freiwilligeneinsätze und Gruppenleiter
Beruf: Informatiker
Berufung: Menschen für etwas begeistern
Lieblingsbaum: Bergahorn (Acer pseudoplatanus)
Freizeit: Berg- und Skitouren, Kultur, Kino

Welche Erinnerungen hast du an deinen ersten Einsatztag?
Wir machten eine Schlagräumung in Fanas und ich staunte, wie viel wir schafften in einem Tag. Auch darüber, wie motiviert alle waren und wie viel wir über den Wald lernten.

Wie sieht dein Berufsalltag aus?
Ich bin zuständig für die technische Abwicklung der Löhne der Schweizer CS-Angestellten. Oft ist der Arbeitstag hektisch; im internationalen Umfeld, etwa mit den Offshore Centern in Indien, Singapur, Polen und anderen Ländern, habe ich mit Arbeitskollegen nur online Kontakt.

Da erscheint die Arbeit im Bergwald wie ein Kontrastprogramm.
Das ist es. Es ist schön, mit Menschen 1 : 1 zusammenzuarbeiten und gemeinsam etwas zu realisieren. Das fehlt mir in meinem Berufsalltag.

Der Bergwald als Ausgleich?
Nicht nur. Ich entdecke auch gerne Neues und lerne dazu, das ist eine grosse Motivation.

Wie sind die Reaktionen auf deine Bergwald-Einsätze?
Gemischt. Oft sagen Kollegen: ‹Ah, du pflanzst in deiner Freizeit Bäume!› Dann antworte ich: ‹Auch. Aber oft geht es darum, Bäume zu fällen, damit die Rotte erstarken kann.› Viele sind erstaunt, dass ich in meinen Ferien arbeite, zuweilen stosse ich auf Unverständnis. Aber ich habe daneben genug Freizeit und eine gesunde Work-Life-Balance.

Hat sich durch deine Einsätze etwas verändert?
Ich schaue den Wald heute mit anderen Augen an. Gehe ich durch einen Wald, versuche ich einzuschätzen, ob er gesund ist und wie gut er gepflegt wird. Allerdings merke ich auch: Je mehr man weiss, desto klarer wird einem, wie wenig man weiss.

Was hat die Gruppenleiterausbildung gebracht?
Über den Wald habe ich wiederum Neues gelernt. Darin, wie man eine Gruppe leitet oder mit Konflikten umgeht, habe ich bereits Erfahrung. Da war es gut, sich mit anderen auszutauschen.

Wie ist es, wenn man einen Wald über Jahre sieht?
Meist schön, manchmal ernüchternd. Dann etwa, wenn man feststellen muss, dass die Bäume trotz Wildschutz verbissen wurden.

Gibt es auch Unangenehmes?
Ja, aber neben allem, was Freude macht, ist das selten. Was hilft, ist eine entspannte Haltung. Einen herausfordernden Teilnehmer etwa kann man nicht ändern – aber gut miteinbeziehen. Am schönsten ist es, wenn sich vermeintlich Negatives ins Positive verkehrt: Letzten Sommer zum Beispiel regnete es während einer Einsatzwoche ununterbrochen. Am Morgen stieg man klamm in die nassen Kleider; am dritten Tag hatte die ganze Gruppe ein Tief. Doch Ende Woche waren sich alle einig, dass sie wiederkommen. Das schlechte Wetter hat uns zusammengeschweisst.

 

04. Januar 2016

Der Wald hat die Schutzfunktion übernommen

Willi Jäggi
Jahrgang: 1930
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Freiwilligeneinsatz im Wägital
Beruf: Forstingenieur im Ruhestand
Berufung: Mensch sein
Lieblingsbaum: Waldkirschbaum (Prunus avium)
Freizeit: Bewegung und Musse

Erst wollte man Sie nicht mitnehmen in die Projektwoche im Wägital, aus Sorge, der Einsatz sei zu anspruchsvoll für Sie.
Allerdings. Ich konnte die Bedenken aber rasch zerstreuen. Ich wusste, was mich erwartete, war ich doch als junger Forstingenieur verantwortlich für den Aufbau der Lawinenschutzbauten am Schiberg. Dank Bergwandern und Hobbyholzerei fühlte ich mich fit genug. Zudem kam meine jüngste Tochter mit.

Bald standen Sie am Berg. Wars streng?
Mir war klar, dass es kein Spaziergang wird. Die Arbeiten waren zwar körperlich anstrengend, doch die engagierte Teilnehmergruppe motivierte mich derart, dass ich mithalten konnte. Niemand wollte billige Ferien machen; das hat mir imponiert.
Gefallen hat mir, dass wir jeden Tag eine andere Arbeit zugeteilt bekamen.
Für mich war die sogenannte Rottenpflege am interessantesten, das Fällen von schwächeren Bäumen also, zugunsten von kräftigen, gesunden Bäumen.

Sie kehrten dahin zurück, wo Ihre berufliche Laufbahn begann. Wie trafen Sie den Lawinenhang an?
Ich war überrascht und erfreut, dass unterhalb der natürlichen Waldgrenze im Schutz der Verbauungen ein Wald aufwuchs, der heute die Schutzfunktion übernimmt. So konnten wir Stahlnetze, die vor 60 Jahren erstellt wurden, abbrechen und anderweitig wieder verwenden.

Haben Sie das erwartet?
Eigentlich schon. Im unteren Teil des Lawinenhanges hatten wir damals Verbauungen aus Holz erstellt. Diese Holzbauten sind längst zerfallen. Der Wald wirkt jetzt als Lawinenschutz. Und oberhalb der Waldgrenze erfüllen die permanenten Schutzanlagen noch einwandfrei ihre Aufgabe.

Was nahmen Sie mit nach Hause?
Ich schätze mich glücklich, dabei gewesen zu sein. Und ich bin begeistert, dass ich nach all den Jahren an diesen einzigartigen Arbeitsplatz zurückkehren durfte. Die Arbeiten in luftiger Höhe waren abwechslungsreich, wir wurden gut angeleitet und bestens verpflegt.
Und: Ich stiess wohl an meine Grenzen, doch die engagierte Gruppe riss mich mit. Ich fühlte mich sozusagen verjüngt. So sehr, dass ich mich nächstes Jahr wieder melde, falls das Projekt weitergeführt wird und ich mich noch munter fühle.

28. Oktober 2015

 

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