Das war spektakuläre Teamarbeit!
Simon Ramseier
Jahrgang: 1997
Arbeiten beim Bergwaldprojekt: Bäume fällen, Jungwaldpflege, Grenzzäune aufstellen, Teiche ausheben zur Förderung der Libellen
Beruf: Tänzer
Lieblingsbaum: Lärche
Freizeit: Gibt es wenig! Wenn dann gärtnern, in die Berge gehen
Simon, du bist Tänzer. Wie kommt eine Tanzklasse dazu, einen Einsatz beim Bergwaldprojekt zu machen?
Ich habe in Lausanne drei Jahre zeitgenössischen Tanz studiert. Mein Lehrer geht mit jeder Tanzklasse eine Woche ins Bergwaldprojekt Freiwilligenarbeit machen, weil er überzeugt ist, dass jede körperliche Arbeit das Bewegungsrepertoire erweitern und als Inspiration wirken kann. Die Arbeit beim Bergwaldprojekt ist sehr technisch, aber das ist der Tanz in vielen Teilen auch.
Du bist dem Bergwaldprojekt nach diesem Einsatz treu geblieben. Was hat dich dazu bewogen?
Mir hatten die Arbeiten, das Draussen sein und auch das einfache Leben während dieser Zeit sehr gefallen. Ich fand toll, dass es etwas ganz anderes ist als das Tanzen. Für mich war das eine Art Horizonterweiterung. So habe ich beschlossen, die Gruppenleiterausbildung in Trin zu machen und einen Einsatz als Zivi zu leisten. Ich war letzten Sommer neun Wochen an fünf verschiedenen Orten für’s Bergwaldprojekt im Einsatz.
Wo hat es dir denn am besten gefallen?
Ich fand Champéry im Wallis sehr toll. Die Gegend war faszinierend und mir gefiel die Hütte, wo wir wohnten. Es war eine ganz einfache Unterkunft ohne Dusche, aber mit einer sagenhaft schönen Aussicht. Das war ein richtiger Kontrast zum Alltag. Zudem gab es hier auch ein paar französisch sprachige Teilnehmer, was es für mich einfacher machte. Ich habe zwar als Kind drei Jahre im Aargau gelebt und gut Deutsch gelernt, aber Französisch ist meine Muttersprache und daher einfacher für mich.
Aber auch Tenna im Safiental hat mir gut gefallen. Da waren wir mit einer Schulklasse am Arbeiten. Die grosse Herausforderung war, die Schüler bei Laune zu halten, als wir mal den ganzen Tag im Regen am Bäume umsägen waren.
Welche Arbeiten waren dir denn am liebsten?
In der Gruppenleiterausbildung haben wir alle Arbeiten mal gemacht. Am lässigsten fand ich das Bäume fällen mit der Zweimannsäge. Das war spektakuläre Teamarbeit!
Bist du auch in deiner Freizeit viel in der Natur unterwegs?
Ich gehe schon ab und zu wandern oder arbeite mal im Garten, aber mein Beruf als Tänzer ist hauptsächlich drinnen im Studio. Deshalb schätze ich ja das Bergwaldprojekt so!
Bleibst du dem Bergwaldprojekt weiterhin treu?
Ja gerne. Ich möchte einen weiteren Zivildiensteinsatz beim Bergwaldprojekt leisten und dabei frische Bergluft schnuppern.
24. April 2020
Die Projektwoche hat uns dazu inspiriert, mal im Wald zu schlafen.
Antoine Descamps
Jahrgang: 2001
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Forststrasse von Jungwuchs freischneiden, Lärchen freischneiden, Weide putzen
Beruf: Schüler im Maturastress
Lieblingsbaum: Lärche, wenn sie goldig ist
Freizeit: Theater spielen, joggen, Projekte und Experimente im Bereich Kunst, Wissenschaft und Soziales
(Bild: Antoine ist derjenige mit dem Spalthammer in der schwarzen Jacke)
Antoine, warum hast du dich mit deinen Kollegen für’s Bergwaldprojekt entschieden?
Wir wollten etwas Praktisches machen, wo wir Hand anlegen können und draussen sind. Wir waren zusammen in den Pyrenäen wandern und wollten etwas tun, dass uns an diese Zeit erinnert.
Wurden deine Erwartungen erfüllt?
Ja, absolut. Wir waren in den Bergen und haben Lärchen freigeschnitten, eine Forststrasse von Jungwuchs befreit und eine Weide entbuscht, damit sie wieder beweidet werden kann. Wir konnten uns so richtig reinknien. Von der Unterkunft waren wir sehr begeistert! Die Jugi von Trin ist wirklich cool. Sowas hätten wir nicht erwartet.
Hat dieser Einsatz euch Schüler noch mehr zusammengeschweisst?
Wir haben uns zusammen angemeldet, weil wir schon viele Sachen miteinander gemacht haben. Von dem her waren wir schon vorher ein zusammengeschweisstes Team.
Du bist gerade an deiner Maturaarbeit. War es nervig, dass du da noch für den Bergwald arbeiten musstet?
Nein, gar nicht. Die Abwechslung hat gutgetan und auch das handwerkliche Arbeiten. Zudem hat es einen Freund und mich dazu inspiriert, zu Hause mal in den Wald zu gehen und dort zu schlafen. Das war ein besonderes Erlebnis. Wir haben uns einen Unterstand gebaut und ein Feuer gemacht. Allerdings sind wir dann morgens um zwei Uhr nach Hause gelaufen, weil wir nicht schlafen konnten.
Bearbeitest du ein Waldthema in deiner Maturaarbeit?
Nein, es geht um etwas ganz anderes. Ich befasse mich mit künstlicher Intelligenz. Ich habe schon immer eigene Projekte gemacht, wie z. B. Chemieexperimente oder Websites gestaltet. Zudem spiele ich Theater. Ich habe viele Interessen.
Bist du im Alltag viel in der Natur?
Ja, ich bin gerne und viel in der Natur. Wenn ich z.B. joggen gehe oder auch auf dem Schulweg. Da nehme ich extra nicht den Bus, obwohl dies schneller gehen würde, sondern gehe zu Fuss. Da kann ich durch ein Stück Wald gehen und das tut mir gut.
Kommst du wiedermal ins Bergwaldprojekt?
Das weiss ich noch nicht. Jetzt muss ich erst mal die Matur machen und dann habe ich vor, reisen zu gehen. Zuerst möchte ich allein Europa und Südamerika erkunden und dann zusammen mit meinen Freunden nach Nepal gehen. Nachher möchte ich mich selbstständig machen im Bereich künstliche Intelligenz. Ob ich dabei Zeit habe, wieder ins Bergwaldprojekt zu kommen, weiss ich noch nicht!
8. Januar 2020
Wir haben alle so richtig rangeklotzt!
Monika Blessing
Jahrgang: 1965
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Bäume fällen, Wegebau, Wildzaun abbrechen
Beruf: Maschinenbautechnikerin
Lieblingsbaum: Hainbuche
Freizeit: wandern, Rad fahren, skaten
Monika, erzähl uns mal von deinem Beruf.
Ich arbeite in einem Konstruktionsbüro und entwickle Teile für Kaffeemaschinen. Es handelt sich da um grosse Kaffeemaschinen fürs Gastrogewerbe. Die Teile, die meine Kollegen und ich entwickelt haben, werden da vor Ort hergestellt und in die Prototyen der Kaffeemaschinen eingebaut und getestet. Da sind wir natürlich immer gespannt, ob’s funktioniert!
Und im Bergwaldprojekt, musstest du da den anderen den Kaffee zubereiten?
Nein, dank unserer Zauberfee stand der Kaffee samt Frühstück fertig auf dem Tisch! (lacht)
Du warst im Projekt in Schaan. Was hast du denn da für Arbeiten gemacht?
Ich hab Bäume gefällt, Wege gepflegt und einen von der Lawine zerquetschten Wildzaun abgebaut. Ich war stolz darauf, mit der Handsäge einen Baum zu fällen und dass er auch in die vorgesehene Richtung gefallen ist. Das hätte ich nie gedacht, dass ich mal so was machen würde! Aber auch der Wegebau hat mir sehr gefallen. Wir haben so konzentriert gearbeitet und waren am Abend beim Zurücklaufen erstaunt, wie viel wir geschafft hatten!
Bäume fällen und Wege bauen, das ist etwas sehr anderes als Kaffeemaschinen bauen, oder?
Auf jeden Fall! Bei meiner Arbeit sitze ich am Computer und leiste reine Kopfarbeit und muss weit vorausschauen. Beim Bäume fällen muss man ganz konzentriert sein auf das, was man gerade tut, man muss voll im Hier und Jetzt sein und es ist körperlich anstrengend. Wir haben alle so richtig «rangeklotzt»! Das hat mir geholfen den Kopf leer zu bekommen von der Arbeit. Der Wegebau war da etwas meditativer, man hatte Zeit während der Arbeit etwas zu sinnieren und die Gedanken schweifen zu lassen.
Also kommst du wieder mal in eine Projektwoche?
Auf jeden Fall! Das komplett weg sein von der Zivilisation spricht mich schon an.
Was fasziniert dich an den Projektwochen?
Mir hat besonders gefallen, wie schnell wir zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen sind durch die Teamarbeit, die wir geleistet haben. Da hat jeder auf jeden Rücksicht genommen und wir haben uns gegenseitig immer geholfen. Dabei hatten wir uns am Anfang gar nicht gekannt! Das hat mir schon Eindruck gemacht. Mir hat auch das Draussen sein sehr gutgetan und das Erahnen der Naturgewalten, wie bei diesem Wildzaun, der von der Lawine zerstört wurde oder bei den von Geröll verschütteten Wegen.
Wie bist du mit dem Leben in der Hütte zurechtgekommen?
Ich habe nicht in der Hütte geschlafen, ich hatte ein kleines Zelt dabei. Ich wollte das so, um im wahrsten Sinn des Wortes auf den Boden zu kommen. Es war eng, hatte gerade für meine Schlafmatte und meinen Rucksack Platz. Meine Wanderschuhe habe ich oben drauf gestellt, damit in der Nacht keine Schnecke reinkriecht! Früher gingen wir oft zelten mit der Familie, aber da waren wir auf Zeltplätzen und hatten ein grosses Zelt dabei.
Bist du in deinem Alltag oft in der Natur?
Ja, so viel ich nur kann. Ich brauche das zum Ausgleich zu meiner Arbeit. Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit, wandere sehr gern und im Winter geh ich am liebsten skaten.
Es ist eine grosse Ruhe. Alle arbeiten konzentriert.
Johanna McChurch
Jahrgang: 1986
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Tannen fällen und Wegebau
Beruf: Fachchiropraktorin in Lachen, SZ
Lieblingsbaum: Trauerweide an einem Seeufer
Freizeit: Draussen mit meinem Mann und Familie Zeit verbringen beim Bouldern, Yoga, Klettern, Trailrunning, Camping, SUP und Tauchen
Johanna, was ist dein Beruf?
Ich bin Chiropraktorin mit eigener Praxis. Ich behandle hauptsächlich Patientinnen und Patienten mit Problemen am Bewegungsapparat. Chiropraktoren helfen mit gezielten Handgriffen, Blockaden der Gelenke und Schmerzen in den Griff zu bekommen. Dies ohne weitere Medizin. Es ist ein handwerklicher Beruf innerhalb der Medizinischen Berufe.
War das dein Kindheitstraum?
Ja, ich wollte schon Chiro werden, seit ein Chiro meiner skifahrenden Cousine nach einem Unfall geholfen hat, wieder schneller zu werden. Mich fasziniert es sehr, wenn meine Patienten mehr aus ihrem Körper holen können, nachdem sie von uns gerichtet worden sind. Mich reizt es auch, wenn ich mit Leuten arbeiten kann, die nach einer Behandlung wieder funktionieren, oder wieder besser funktionieren. Etwa ein Baby, dass seinen Kopf nicht selber drehen kann oder Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Es ist eine körperlich anstrengende Arbeit, ich persönlich muss viel mit Technik und Geschwindigkeit statt mit Kraft arbeiten. Im Wald ist das ähnlich, wenn die Technik stimmt, können alle mitarbeiten, und die Aufgabe gelingt. Stimmt die Technik nicht, können wir alle noch so viel investieren, die Aufgabe lösen wir doch nicht.
Musst du am Abend jeweils den anderen Freiwilligen den Rücken richten? Wie geht es deinem Rücken während des Einsatzes?
Ich hoffe immer, dass mich keiner fragt. Wenn es jemand wirklich gerade braucht, dann helf ich sehr gern, aber am liebsten mach ich das in der Praxis. Hexenschüssen können natürlich jeden treffen, aber solche hat es bisher keine gegeben. Meist arbeiten wir Freiwilligen körperlich sehr stark im Wald, aber wir brauchen keine Hilfe. Der erste Tag ist immer sehr streng, danach hat sich der Körper an die neuen Umstände gewöhnt. So eine Woche zeigt, wozu wir eigentlich alle fähig wären. Ausserdem schlafe ich während der Projektwochen immer sehr gut. Die Erholung ist wunderbar.
Wie bist du auf das Bergwaldprojekt gestossen?
Ich habe in einer Chiro-Praxis in Chur gearbeitet und in einer Zeitung Werbung für das Bergwaldprojekt gesehen. Eigentlich war ich im Hinterkopf bereits auf der Suche nach einer Auszeit, da hat mich das Bergwaldprojekt gerade angesprochen. Es ist wie Leben in einer anderen Welt: Kein Handyempfang tagsüber, einfach Stille. Genau diese Auszeit hatten ich und mein Mann gesucht.
Du bist jetzt zum zweiten Mal in einem Winterprojekt dabei.
Ich habe mich für eine Winterwaldwoche entschieden, da ich Respekt vor Motorsägen habe. Mir hat es gefallen, dass hier viel Handarbeit gefragt ist. Natürlich haben der Projektleiter und die Gruppenleiter mit der Motorsäge gearbeitet, aber das hat mich nicht gestört. Thomas Löffel hat mir sogar etwas die Angst vor der Motorsäge genommen.
Bist du ein Wintertyp?
In den letzten Jahren sind wir etwas mehr Ski gefahren. Ich habe über viele Jahre in Praxen ausgeholfen, in denen Kollegen von mir wegen Verletzungen beim Wintersport ausgefallen waren. Das hat mich etwas abgeschreckt. Aber wir haben beim Bergwaldprojekt das Schneeschuhlaufen entdeckt. Es ist super schön, am Morgen in der Ruhe zum Arbeitsplatz hochzulaufen.
Was fasziniert dich an den Projektwochen?
Es ist eine grosse Ruhe. Alle arbeiten konzentriert, weil keiner den anderen gefährden will. Niemand lässt sich durch etwas ablenken, es gibt kein Smartphone und keine anderen Störungen, jeder bleibt bei der Sache. Am Abend weisst du immer, was du gemacht hast. Die Veränderungen im Wald sind sofort sichtbar. Das tut schon sehr gut. Es ist kein Schönwetterverein, der hier gemeinsam etwas erreicht. Du wirst dreckig und musst dich warm anziehen. Es ist auch toll zusehen, was sich in einem Menschen bewegt, wenn er beispielsweise merkt, dass er mit seiner Körperkraft in einem kleinen Team einen grossen Baum fällen kann. Man spricht drei Tage über nichts anderes mehr als Freiwilliger, der das zum ersten Mal erlebt.
Die Projektwochen sind ein grosser Unterschied zur Arbeit in der Praxis, nicht?
In der Praxis läuft alles relativ gleichmässig und ist meist planbar. Im Wald gibt es einen Plan und eine Aufgabe, aber man muss sich immer darauf einstellen, dass es nicht so ist, wie geplant, Es ist eine andere Herausforderung. Äussere Faktoren sind viel entscheidender. Da musst du flexibler sein. Die grösste Herausforderung ist wohl für viele, dass sie zu Beginn denken, dass sie die Arbeiten nicht erledigen können. Dann merken sie aber, wenn sie es richtig machen, klappt es, und sind sehr stolz auf sich.
Leben auf engem Raum mit anderen Freiwilligen, passt das?
Das stört überhaupt nicht, am Schluss der Woche bin ich jeweils so müde, da passt das einfach. Man sitzt am Abend noch kurz zusammen und trinkt was und redet, dann gehen alle gleichzeitig ins Bett. Wäre seltsam, wenns nur Einzelzimmer wären. Und hier in Trin, im Bergwaldzentrum Mesaglina, da sind auch die Mehrbettzimmer Luxus. Wenn jemand nicht gerne Gruppenreisen macht, dann ist er vermutlich am falschen Ort. Denn hier wird nach der Arbeit auch im Haus geholfen, in der Küche, beim Putzen, alles wird gemeinsam erledigt. Es muss einem schon bewusst sein, dass man nicht alleine da ist.
Beim ersten Mal bist du mit deinem Ehemann gekommen, beim zweiten Mal ganz allein.
Ja, das war schon lässig, mit dem Partner. Wir waren aber nie in der derselben Gruppe beim Arbeiten. Ich würde jedem empfehlen, einmal mit und einmal ohne Partner zu kommen. Es sind auch manchmal Vater/Kind oder Geschwister dabei, ich finde das spannend. Es gibt so viele Einzeltäter in der Gruppe, da stört das überhaupt nicht. Ich habe einen Flyer in meiner Praxis aufgehängt und ermuntere oft Leute, auch mal mitzumachen. Für mich gehört die Woche Bergwaldprojekt jetzt fix in mein Ferienprogramm.
Bist du in deinem Alltag oft in der Natur?
Wir sind schon oft draussen, Klettern, machen Trailrunning und Survival-Runs. Für mich ist allerdings das Draussensein wichtig, nicht das Tempo. Ich mache nicht wettbewerbmässig bei diesen Rennen mit. Die Survival-Runs sind sehr lustig. Ich suche ein wenig die Herausforderung, die unbekannten Situationen. Ich bin direkt am Waldrand aufgewachsen, wir waren als Kinder nie auf der Strasse, immer nur im Wald.
Gibt es etwas, dass man beim Bergwald «richten» müsste?
Die Wirbelsäule ist ein kompliziertes Konstrukt mit vielen Aufgaben und Funktionen, die kleinen und grossen Gelenke sind alle miteinander verbunden. Diese Zusammenhänge machen manchmal das Lösen von kleinen Problemen einfacher und manchmal auch unerwartet schwierig. In einem solchen Zusammenspiel befindet sich wohl auch das Bergwaldprojekt. Zwischen Mensch, Nutzwald, Politik und Natur eine gute Koordination zu finden, benötigt Ausdauer, Weitsicht und häufig mehr Technik und Teamarbeit als Kraft.
16. Juli 2019
Die Uhr kann man wegwerfen
Martin Brodmann
Jahrgang: 1954
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Freiwilliger in Forst- und Alpprojekten
Beruf: Musiklehrer
Lieblingsbaum: Edelkastanie, Dattelpalme
Freizeit: Musik, Berge, Reisen
Martin, was ist dein Beruf?
Ich bin seit 25 Jahren Musiklehrer an einer Primarschule in Basel Stadt. Das Fach heisst Musik und Bewegung, und ich unterrichte Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur sechsten Klasse jeweils eine Lektion pro Woche. Neben den zwölf Lektionen Musik und Bewegung unterrichte ich auch noch Technisches Gestalten. Im Unterricht spielen wir auf Xylophonen und Rhythmusinstrumenten, Tanzen, Singen und Hörschulung gehören ebenfalls dazu, genau wie das Kennenlernen von verschiedenen Instrumenten und musikalischen Begriffen. Ich bin als Musiker zum Unterricht gekommen und arbeite seit 25 Jahren Teilzeit, um genügend Zeit für meine eigene Musik zu haben.
Deine eigene Musik?
Seit 30 Jahren ist die Musik der Schwerpunkt in meinem Leben. Ich spiele Saxofon und Klarinette im Werkstattorchester Basel, das ist eine zehnköpfige Band. Sie ist vor 25 Jahren aus einem musikalischen Workshop entstanden. Unser Repertoire geht querbeet von afrikanischer Musik bis Walzer, wir spielen oft an Tanzanlässen.
Bringst du die Musik mit in die Bergwaldprojekt-Wochen?
Letzten Sommer hatte ich die Ukulele dabei. Ich habe die anderen jeweils ein wenig genötigt mitzusingen.
Was ist deine Lieblingsmusik?
Tief in mir drin bin ich ein Jazzer. Das ganze Feld der Black Music finde ich sehr spannend, Jazz höre ich sehr viel.
Welche Instrumente spielst du?
Meine Hauptinstrumente sind Saxofon und Klarinette. Ich spiele auch ein bisschen Ukulele, Klavier und verschiedene Rhythmusinstrumente.
Wie bist du auf das Bergwaldprojekt gestossen?
Ich bin leidenschaftlicher Tourengänger, bin als Snowboarder unterwegs. Bisher mit Schneeschuhen, neu mit dem Splitboard. Ich war mal mit dem im 2015 verstorbenen Stiftungsratsmitglied Andrea Bianchi auf einer geführten Tour auf der Alp Puzzetta. Er hat während der Tour vom dortigen Bergwaldprojekt erzählt. Später in der Woche haben wir Geschäftsführer Martin Kreiliger getroffen, der hat unserer Gruppe dann das Bergwaldprojekt vorgestellt. Das fand ich sehr spannend, ich wollte es unbedingt kennenlernen. Eigentlich wollte ich natürlich danach sofort nach Puzzetta, aber das war zu schnell ausgebucht. Also bin ich ins Alpprojekt nach Madris.
Du bist seit 2014 jedes Jahr dabei.
Ich war in Madris, als das Projekt gestartet wurde. Dann hat es mir den Finger reingenommen. Ich war jedes Jahr da, finde es wunderbar. Es ist toll, mit der Bauernfamilie in Kontakt zu kommen und jeden Tag etwas Neues dazu zu lernen. Der Einsatz beim Bergwaldprojekt ist ein toller Ausgleich zum Leben in der Stadt und an der Schule. Das Zusammenarbeiten mit Erwachsenen macht Spass und ich lerne immer spannende Leute kennen. Mittlerweile war ich auch auf Puzzetta, ich war in Val Medel und in Champéry und letzten Herbst hab ich an der Gruppenleiterwoche teilgenommen.
Was fasziniert dich an den Projektwochen?
Ich bin ja gerne in den Bergen auf Touren, Skigebiete meide ich. Am liebsten bin ich irgendwo abgelegen unterwegs. Die Stille und das Panorama reizen mich. Im Madris ist die Landschaft sehr faszinierend, man kann sich nicht sattsehen. Mich fasziniert auch, dass die Tiere hier den Tagesablauf bestimmen – die Uhr kann man auf der Alp wegwerfen. Ich entschleunige in kürzester Zeit. Klar, manchmal ist es auch etwas hektisch, aber es ist immer eine köstliche Stimmung da oben. Etwa wenn ich am Abend die Geissen zur Nachtweide heruntertreibe und die Gitzi herumspringen wie Gummibälle. Ich mag es auch, einen tollen Hirtenhund zu beobachten oder Martin Patzen zuzuhören, weshalb eine bestimmte Kuh oder Geiss so ist und so reagiert. Ich habe sehr viel profitiert. Mein Vater ist als Bauernbub aufgewachsen, als Jugendlicher war ich oft auf dem Bauernhof meines Onkels, vielleicht hat die Faszination auch damit zu tun. Manchmal hinterfrage ich unser Tun allerdings auch.
In welchen Situationen denn?
Das Leben auf der Alp ist nicht so romantisch. Ich habe manchmal das Gefühl, die Tiere sind permanent gestresst. Die Rangkämpfe, die zum Beispiel für Geissen ohne Hörner ganz schwierig sind, die Rinder, die in den steilen Hängen Probleme mit Gelenken und Hufen bekommen können. Da frage ich mich, ob es überhaupt gut ist, was der Mensch da mit den Tieren macht. Früher waren die Tiere halt noch leichter und sie haben weniger Milch gegeben, da war das Leben auf der Alp für sie vermutlich einfacher. Obwohl ich manchmal auch an der Alpwirtschaft zweifle, möchte ich nach meiner baldigen Pensionierung gerne als Senn auf eine Alp.
Die Projektwochen sind ein grosser Unterschied zur Arbeit in der Schule, nicht?
Ich bewege mich gerne draussen, das ist auch ein Grund, weshalb ich als Freiwilliger beim Bergwaldprojekt arbeite. Für mich als Lehrer ist es eine Entlastung, dass ich in den Projekten sozusagen nichts bieten und nichts vorbereiten muss. Das ist im Lehrerberuf anstrengend: Immer hirne ich bereits am nächsten Schritt. Aber im Bergwald hat es einen Projektleiter und einen Revierförster und man hat klare Aufgaben. Man arbeitet gemeinsam, und manchmal gibt es Situationen, die nicht so laufen, wie sie sollten, dann findet man ebenfalls gemeinsam eine Lösung. Und abends kann jeder sehen, was er tagsüber getan hat. Das ist auch befriedigend. Man spürt auch immer, dass die lokalen Leute die Arbeit sehr schätzen. Man ist akzeptiert und sie vermitteln das einem auch. Es ist wie eine Entlastung für sie, eine Arbeit für die Gemeinschaft, die wir tun.
Gibt es eine Lieblingsarbeit?
Nein. Ich schätze die Abwechslung sehr, insbesondere jene auf den Alpen. Als «Königsdisziplin» würde ich das Arbeiten auf Puzzetta bezeichnen. Vielfältiger ist fast nicht möglich.
Leben auf engem Raum mit anderen Freiwilligen, passt das?
Für eine Woche war das noch nie ein Problem. Aber auch mehrere Wochen auf der Alp waren für mich nie belastend. Ich habe es eher genossen. Es ist spannend, andere Leute kennen zu lernen. Alle haben ein gemeinsames Interesse: Etwas für die Natur zu tun. Das verbindet und die Kontakte bereichern mich sehr. Ich bin allerdings ab und an auch gerne alleine unterwegs, beispielsweise auf Fernwanderungen. Das gefällt mir auch.
Bist du in deinem Alltag oft in der Natur?
Eigentlich zu wenig, und deshalb bin ich oft weg. Weil in Basel selber kommt das etwas zu kurz, ausser beim Joggen. Das mach ich nicht in der Stadt, dafür gehe ich in ein Waldstück. Und ich fahre jeden Morgen mit dem Velo zur Schule, das sind 10 Minuten Fahrt dem Rhein entlang, das ist auch Natur erleben. Für die Musik ist halt eher die Stadt angesagt.
Ist schon mal jemand aus deinem Umfeld in einer Projektwoche gewesen?
Meine Schwester war letztes Jahr zum ersten Mal eine Woche im Bergwaldprojekt. Sie ist auch begeistert, wird sicher wieder mal eine Woche mitmachen.
07. Mai 2019
Jeder erhält die Chance zu helfen.
Mirjam Bentele
Jahrgang: 1988
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Freiwillige im Alpprojekt Madris
Beruf: Verfahrensmechanikerin für Kunststoff und Kautschuktechnik
Lieblingsbaum: Arve
Freizeit: Wandern, Skifahren, Fitness und mit Freunden etwas unternehmen
Mirjam, was ist dein Beruf?
Ich bin Verfahrensmechanikerin für Kunststoff und Kautschuktechnik. Ich baue Innensysteme für Flugzeuge. Wir erstellen Bauteile für Airbus, stellen beispielsweise Seitenwände her, die später in die Flieger eingebaut werden. Wenn man ins Flugzeug einsteigt, dann sind das die Elemente, in denen sich die Fenster und die Handgepäck-Klappen befinden. Wir erstellen auch die Schlafkabine für die Flugcrew. Diese Bauteile produzieren wir alle von Hand und sie werden dann in allen Flugzeugtypen von Airbus eingebaut.
Bist du denn schon mal geflogen?
In der Ausbildung hatten wir Flugstunden, damit wir ein Gefühl für das Fliegen bekommen.
Wie bist du auf das Bergwaldprojekt gestossen?
Ich wollte schon lange eine Auszeit von meinem Job nehmen, am liebsten hätte ich einen Sommer auf der Alp verbracht. Die Zeit reichte aber nicht dafür. Da bin ich durch Zufall auf einen Zeitungsartikel gestossen, in dem das Alpprojekt Puzzetta des Bergwaldprojekts vorgestellt worden ist. Als ich mich anmelden wollte, waren die Wochen bereits ausgebucht, und so bin ich ins Alpprojekt Madris gegangen. Ich bin froh, dass es so gekommen ist, denn die Arbeit in Madris gefällt mir sehr gut.
Wie oft warst du schon dabei, und wo?
2018 war das dritte Jahr im Alpprojekt Madris. 2016 war ich zwei Mal im Projekt, einmal im Juli und einmal im September, je zwei Wochen. In den letzten beiden Jahren habe ich jeweils drei Wochen im Alpprojekt Madris mitgearbeitet.
Was fasziniert dich an den Projektwochen?
Ich finde es gut, dass ich etwas für die Natur machen kann. Aber ich geniesse es auch, neue Leute kennenzulernen. Und die Ruhe und die Berge, das ist genau das, was ich erleben möchte. Abends nach getaner Arbeit kaputt ins Bett zu fallen, das ist schön. Meine übliche Arbeit ist auch körperlich anstrengend, aber ich arbeite in einer Halle und der Geräuschpegel ist konstant sehr hoch, es sind viele Leute um mich herum und es ist eine stressige Zeit. In den Bergen, da muss man auch seine Arbeit erfüllen, aber die Tage sind nie so durchgeplant und durchgetaktet wie bei meiner üblichen Arbeit. Ist das Wetter schlecht, verschiebt sich der ganze Tagesplan, und so bleibt die Arbeit immer spannend.
Du bist nicht zimperlich beim Arbeiten.
Nein, ich mache alles, ausser Bäume schälen. Das ist das Einzige, was ich nicht so gerne mache. Ich bin es gewohnt, schwere Sachen zu tragen und bin mir für keine Arbeit zu Schade.
Wie müssen wir uns deine Arbeitswoche auf Madris vorstellen?
Anstrengend, abwechslungsreich, spannend, verbunden mit sehr viel Spass und vielen wunderschönen Einblicken in die Natur und in die Landschaft. Die Arbeit wird immer mit etwas Tollem belohnt: Einem schönen Ausblick oder speziellen Momenten. Egal wie kaputt ich bin, es gibt immer etwas Schönes. Als Kind war ich oft wandern, aber so ohne Weg und die Steilhänge hoch, das war ich dann doch nicht gewohnt. Ich frage mich manchmal, wie ich das vor drei Jahren geschafft habe. Wenn man selber einen Weg erstellt wird einem bewusst, wie einfach es ist, einen Weg zu begehen, ihn zu bauen ist aber sehr anstrengend.
Du hast jetzt drei Jahre an diesem Weg mitgearbeitet.
Ja, und es ist sehr eindrücklich zu sehen, was in den drei Jahren alles passiert ist und wie sich alles verändert. Es ist sehr schön, jedes Jahr zurückzukehren und zu sehen, was in der übrigen Zeit passiert ist. Ich möchte gerne auch nächstes Jahr zurück nach Madris und sehen, wie die Freiwilligen da weitergearbeitet haben.
Gibt es eine Lieblingsarbeit?
Am liebsten ist mir der Wegbau. Der ist etwas technisch, was mir sehr gefällt. Ich war beim Bau des Holzkastens dabei, dort, wo in den Wochen vorher gesprengt wurde. Wir haben viel konstruiert und überlegt, wie es am besten geht, den Weg an dieser Stelle zu bauen. Dann zu sehen, dass alles funktioniert, das macht die Arbeit für mich sehr interessant.
Du bist gerne selbständig unterwegs?
Das ist das, was ich sehr schätze an den Projektwochen des Bergwaldprojekts. Die Ruhe, den Ausblick geniessen, keine weitere Menschenseele um mich rum, das ist wunderbar.
Die Arbeit mit den Tieren bietet auch viel Selbständigkeit.
Gerade morgens, wenn man die Ziegen rauslässt, ist man oft alleine unterwegs und läuft dann mit den Tieren zu den Weiden hoch. Es ist ein schöner Moment, wenn man sieht, wie die Sonne aufgeht, die Tiere zählt, das Klingeln der Kuhglocken und die Ziegen hört. Beim Wandern verpasst man diese schönen Momente, weil man oft nicht schon so früh unterwegs ist. Beim Umgang mit den Ziegen darf man nicht zimperlich sein. Wenn man noch nie was mit Tieren zu tun hatte, kann es sicher schwierig sein, beispielsweise wenn man sie einfangen muss. Aber man wird gut an die Arbeit herangeführt und Remo und Laura erklären den Freiwilligen gut und ausführlich wie man es richtig machen muss.
Leben auf engem Raum mit anderen Freiwilligen, passt das?
Das ist für mich eigentlich kein Problem. Es sind ja alles fremde Personen. Zwar lebt man auf Madris auf engem Raum, aber die Distanz zueinander ist vorhanden. Man kann zur Gruppe hinzustossen, aber man kann auch gut alleine sein, ohne dass jemand das seltsam findet. Jeder sucht die Ruhe da oben und keiner nimmt es einem krumm, wenn man mal eine halbe Stunde alleine spazieren geht.
Bist du in deinem Alltag oft in der Natur?
Ich wohne in einem kleinen Dorf mit 500 Einwohnern, das sehr ländlich ist. Wenn ich nicht auf der Arbeit bin, bin ich oft draussen im Garten. Und das Allgäu ist nah, ich mache gerne Ausflüge dort hin. Bin oft am Wandern und Spazieren in der Natur.
Würdest du das Bergwaldprojekt deinen Freunden empfehlen?
Auf jeden Fall. Ich finde es ist sehr gut organisiert und man fühlt sich sofort wohl und willkommen. Egal aus welchem Beruf und woher man kommt, jeder erhält die Chance zu helfen. Die Projektleiter motivieren die Leute sehr gut, und man hat immer Spass und etwas zu Lachen. Es ist nie langweilig. Jeder ist mit Euphorie und sehr viel Herzblut dabei. Als Teilnehmer sieht man immer ein Ergebnis der Arbeit. Jeden Abend kann man zurückblicken und sieht, was man alles geschafft hat. Das macht einen stolz.
15. Januar 2019
Es passiert etwas in die richtige Richtung
Esther Ehinger
Jahrgang: 1972
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Berg(wald)begeisterte Begleiterin von Schulklassen
Beruf: Sportlehrerin
Berufung: Sportlehrerin … für Menschen … mit Menschen
Lieblingsbaum: Nussbaum. Hat superschönes Holz und leckere Nüsse
Freizeit: Hauptsache mit Action und manchmal auch Musse in den Bergen … oder eine fremde Ecke dieser Welt erkunden
Wo warst du bisher mit Klassen der Kantonsschule Limmattal im Einsatz?
Esther: Ich bin jetzt zum zweiten Mal in Trin im Bergwaldprojekt, früher war ich auch einmal in Vignogn. Das Bergwaldzentrum ist sehr schön, die Schüler schätzen den Komfort hier sehr.
Wie starten die Schülerinnen und Schüler jeweils in die Bergwaldprojekt-Woche?
Esther: Alle Viertklässler der Kantonsschule Limmattal müssen in die Bergwaldprojektwoche. Die meisten fürchten sich eher etwas vor diesem Einsatz, es geistern immer wieder Geschichten an der Schule herum, wie streng es jeweils ist. Nach der Woche sind die Rückmeldungen aber mehrheitlich so, dass die Tage weniger streng waren als befürchtet, der Tenor ist jeweils: Es ist ja gar nicht so schlimm. Aber es ist natürlich schon eine anstrengende Zeit. Zum Vergleich: In der zweiten Klasse gibt es eine Themenwoche zu Musik und Sport, in der dritten werden Sprachen thematisiert und in der fünften gehen die Klassen gemeinsam ins Ausland. Und vermutlich bleiben auch die Erlebnisse der anstrengenden Art besser im Gedächtnis als die schönen und werden so mit den anderen Jugendlichen geteilt.
Sind die meisten Schülerinnen und Schüler sich denn einen Aufenthalt im Freien gewohnt?
Esther: Die Kantonsschule Limmattal steht in Urdorf. Das ist nicht total städtisch, aber mal einen ganzen Tag im Wald zu sein, das sind sich nur rund ein Drittel aller Kinder gewöhnt. Das sind Pfadfinder oder Outdoor-Sportler. Die anderen verbringen nicht so viel Zeit in der Natur gewöhnlich und hier beim Bergwaldprojekt ist es gleich eine ganze Woche. Bei einigen ist so ein Einsatz im Wald auch einfach nicht ihr Ding, das merkt man dann bereits am ersten Tag. Aber auch diese Schülerinnen und Schüler bringen die Woche gut über die Bühne.
Beim Bergwaldprojekt gilt die Devise: Die Jugendlichen lernen beim Arbeiten im Wald.
Esther: Das ist genau der richtige Ansatz. Es braucht kein pädagogisches Konzept und keine pädagogische Begleitung. Der physische Approach ist meiner Meinung nach der richtige Weg für eine solche Woche. Die Jugendlichen lernen viel über sich, den Bergwald und über das Verhalten in der Gruppe.
Verändern sich die Jugendlichen in so einer Woche?
Esther: Die Bergwaldprojekt-Woche ist mitten im Schulalltag ein Gefäss mit mehr gemeinsamer Zeit. Sie bietet den Blick auf etwas, das die Schülerinnen und Schüler sonst nicht so wahrnehmen – oder als selbstverständlich anschauen. Sie entdecken, was hinter den Bergwäldern steckt, entwickeln Verständnis für die Zusammenhänge. Es passiert auf jeden Fall etwas in die richtige Richtung. Bei diesem Einsatz hier in Trin sind zudem zwei Klassen gemeinsam am selben Ort untergebracht. Da findet ein guter Austausch zwischen den Gleichaltrigen statt, der sonst nicht möglich ist.
Was ist deine liebste Arbeit im Bergwald, welche gefällt dir nicht?
Esther: Meine liebste Arbeit ist der Wegbau. Das ist eine strenge Arbeit, die mich fordert und man sieht jeweils am Abend gut, was man getan hat. Auch Haselstauden schneiden gefällt mir. Die langweiligste Arbeit fanden die Schülerinnen und Schüler das Aussicheln. Der Tag wird extrem lang, wenn man den ganzen Tag gebückt Gras schneidet. Und übrigens, auch wenn ich als Sportlehrerin mich hier voll verausgaben kann, es gibt beim Bergwaldprojekt durchaus auch Arbeiten für weniger trainierte Personen.
Wie steht es um die Sicherheit der Schüler in so einer Woche?
Esther: Ich habe noch nie etwas Negatives wahrgenommen. Learning by doing stimmt auch hier, und die Arbeiten und das Bewegen in der ungewohnten Umgebung werden gut erklärt.
Würdest du einen Klasseneinsatz beim Bergwaldprojekt weiterempfehlen?
Esther: Unbedingt! Aber der Einsatz steht und fällt mit den Begleitpersonen. Ob so eine Woche gelingt, hängt stark von der Schule und der Lehrerschaft ab. Sind die Begleiter motiviert und von der Sache überzeugt, dann sind auch die Jugendlichen besser dabei. Ich persönlich bin von diesen Einsätzen begeistert, diese positive Einstellung greift dann meist auch auf die Jugendlichen über, die zu Beginn oft kritisch in die Woche starten.
Eine Woche unter dem gleichen Dach mit den Schülerinnen und Schülern. Eine Herausforderung?
Esther: Das ist natürlich eine grosse Veränderung gegenüber dem Schulalltag. Aber mir gefallen solche Projektwochen, und es tut dem Klassenzusammenhalt gut.
06. November 2018
Zu den schönsten Arbeiten gehören Wegebau und Pflanzen
Hans-Joachim
Jahrgang: 1967
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Freiwilliger
Beruf: Konstrukteur
Berufung: meine Arbeit als Konstrukteur, die mich fordert, die ich aber gleichzeitig nicht als Arbeit empfinde
Lieblingsbaum: Rosskastanie
Freizeit: Wandern, Imkern, Laufen
Karen
Jahrgang: 1996
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiterin
Beruf: Forststudentin
Berufung: irgendwann einmal Försterin sein
Lieblingsbaum: Weißtanne
Freizeit: Schwimmen, Lesen, Klavier spielen, draußen sein
Wie bist du zum Bergwaldprojekt gekommen?
Hans-Joachim: Meine Tochter Karen hat sich für den Winterwald angemeldet und daraufhin habe ich mich spontan dazu entschlossen mitzukommen.
Karen: Mein Botanikprofessor brachte uns in eine seiner Vorlesungen einen Flyer vom Bergwaldprojekt mit und hat kräftig Werbung gemacht. Für mich hat sich das sofort nach einer tollen und spannenden Sache angehört und so habe ich mich gemeinsam mit Studienfreunden und meinem Vater für ein Winterwaldprojekt in den Semesterferien angemeldet.
Was ist deine liebste Arbeit draussen?
Hans- Joachim: Zu den schönsten Arbeiten gehört für mich das Bäumefällen mit der Zweipersonensäge. Außerdem mag ich die Schlagräumung sehr gerne, da man hier gemeinsam in der Gruppe mit vereinten Kräften viel bewegen kann. Privat habe ich schon beim Pflanzen geholfen. Das ist eine tolle Arbeit! Zuhause säge ich auch gerne unser Brennholz und arbeite viel im Garten.
Karen: Für mich gehören zu den schönsten Arbeiten beim Bergwaldprojekt der Bau von Begehungswegen und das Pflanzen. Der Wegebau ist zwar eine der anstrengendsten Arbeiten, die das Bergwaldprojekt durchführt, aber es ist schön am Abend auf dem selbst gebauten Weg zurück in Richtung Feierabend zu laufen und zu sehen, was man an einem Tag gemeinsam alles schaffen kann. Am Pflanzen gefällt mir der Gedanke, dass die kleinen Bäumchen wenn es gut läuft auch noch in 100 Jahren an Ort und Stelle stehen.
An welchen Projektorten hast du bisher gearbeitet?
Hans- Joachim: Bisher habe ich an drei Winterwaldprojekten in Trin teilgenommen. Aber an einem Projekt im Sommer möchte ich auch einmal gerne noch teilnehmen.
Karen: Meine ersten beiden Projekte waren gemeinsam mit meinem Vater im Winterwald in Trin. Letzen Sommer habe ich dann einen Teil meines Praxissemesters beim Bergwaldprojekt gemacht und im Zuge dessen die Gruppenleiterausbildung absolviert. Anschließend war ich im Montafon A, in Vignogn GR, in Haslen GL und in Trin GR.
Was unternehmt ihr gemeinsam?
Hans- Joachim + Karen: Vor vielen Jahren haben wir zusammen den Angelschein gemacht und gehen seither gerne Angeln. Wir unternehmen gemeinsam Wanderungen oder gehen spazieren. Vor allem im Sommer arbeiten wir zuhause viel in unserem Garten. Ab und zu gehen wir auch gerne zusammen auf ein Konzert. Und unsere liebste Arbeit ist es gemeinsam Honig zu schleudern und nach den Bienen zu sehen.
Was ist dein Hobby?
Hans- Joachim: Zu meinen liebsten Aktivitäten gehört der Sport. Ich laufe sehr viel, gehe wandern, schwimmen und Fahrrad fahren. Daran mag ich vor allem das Draußensein in der Natur. Außerdem ist das Imkern seit einigen Jahren meine Leidenschaft.
Karen: Eines meiner größten Hobbys ist das Musizieren. Ich spiele schon viele Jahre Klavier und treffe mich oft mit Freunden zum Musik machen. Vor allem im Sommer gehe ich leidenschaftlich gerne schwimmen und bin sehr gerne draußen an der frischen Luft, am liebsten im Wald.
Was habt ihr als Familie mitgenommen vom Einsatz beim Bergwaldprojekt?
Hans- Joachim: Durch die Teilnahme beim Bergwaldprojekt gemeinsam mit Karen habe ich einen sehr guten Einblick in ihren späteren Beruf als Försterin bekommen. Es ist sehr schön Zeit miteinander zu verbringen, vor allem da wir uns seit Karen studiert, nicht mehr so oft sehen wie früher.
Karen: Es macht mir großen Spaß mit meinem Vater beim Bergwaldprojekt zusammen zu arbeiten. Wir können so gemeinsam Zeit verbringen und machen etwas, das uns beiden Freude bereitet.
Würdest du einen Einsatz im Bergwaldprojekt deinen Kollegen empfehlen?
Hans-Joachim: Ich finde, das Bergwaldprojekt ist eine sehr gute Sache und dass sich der Einsatz für die Natur lohnt. In meinem Bekannten- und Freundeskreis erzähle ich von den Erlebnissen und Begegnungen beim Bergwaldprojekt. Das ist zwar keine aktive Werbung, aber ich denke, dass man dadurch trotzdem das Interesse wecken kann.
Karen: Da ich selber total begeistert vom Bergwaldprojekt bin, habe ich schon vielen Freunden davon erzählt. Eine Teilnahme an einer Projektwoche kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen, da man in dieser kurzen Zeit echt sehr viel lernt. Nicht nur über den Wald, sondern auch durch die vielen Begegnungen und das Kennenlernen spannender, neuer Leute.
Was ist dein eindrücklichstes Erlebnis?
Hans-Joachim: Das war in meinem ersten Winterwaldprojekt das Holzrücken und Holzpoltern mit dem Zapin im tiefen Schnee. Das war anstrengend, aber hat voll Spaß gemacht.
Karen: Eines der schönsten Erlebnisse für mich war letzten Herbst beim Schulprojekt in Haslen als trotz strömendem Regen, nasser Kleidung und Kälte alle gemeinsam mit anpackten und dem schlechten Wetter trotzten. Abends saßen wir dann müde, aber zufrieden nach einer wohlverdienten warmen Dusche in der Unterkunft.
Wie sieht der Bergwald in 20 Jahren aus?
Hans- Joachim: Dazu kann ich eigentlich nichts wirklich sagen. Dazu bin ich zu wenig in der Materie drin. Ich hoffe aber, dass der Bergwald in seiner derzeitigen Funktion als Schutzwald erhalten bleibt, insbesondere für die Menschen, die darauf angewiesen sind.
Karen: Ich denke, dass es im Bergwald der Zukunft weniger Fichten geben wird, da diese sich mit dem Klimawandel besonders schwer tun. Deswegen müssen wir uns schon jetzt über Alternativen Gedanken machen, um auch in 20 Jahren einen stabilen Schutzwald zu haben. Aber ich bin da sehr optimistisch, dass das gelingt.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Hans-Joachim: Ich wünsche mir, dass das Bergwaldprojekt auch in Zukunft noch besteht und dass möglichst viele Länder dem Beispiel der Schweiz folgen.
Karen: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass das Bergwaldprojekt auch weiterhin von tatkräftigen Menschen unterstützt wird. Für mich selber wünsche ich mir, dass ich auch in Zukunft immer wieder Zeit finde und mir auch die Zeit nehmen kann beim Bergwaldprojekt mitzuarbeiten.
28. August 2018
Das Bergwaldprojekt hat meine berufliche Laufbahn positiv beeinflusst
Jan
Jahrgang: 1997
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Zivi
Beruf: Medizinstudent
Berufung: Naturwissenschaften und Wildnis
Lieblingsbaum: Die Eibe.
Freizeit: Klettern, Pfadi und Nebenjob im Kino.
Matthias & Karin
Jahrgang: beide 1967
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiter
Beruf: Biobauer/Arbeitsagoge; Primarlehrerin/Papierrestauratorin
Berufung: Nischenpflege; Handwerk
Lieblingsbaum: Weide; Pinie
Freizeit: Velofahren, Wandern, langsam Reisen, politisches Engagement
Wie bist du zum Bergwaldprojekt gekommen?
Matthias: Ich wollte aktiv einen Beitrag zur Umweltbewegung leisten. Ein Inserat in der Greenpeace Zeitung gab den Ausschlag und im Sommer 1989 meldete ich mich zusammen mit Karin in der Bergwaldprojektwoche in Bargis GR an. Im Frühling 1990 folgte dann der Gruppenleiterkurs. Mich faszinierten die freakigen Leute voller Tatendrang und die berufsmässigen Bergler gleichermassen. Auch schätzten wir das gleichberechtigte Arbeiten in altersdurchmischten Gruppen. Das Bergwaldprojekt begann zu wirken und beeinflusste so manches in unserem Leben. So fasste ich mit 25 Jahren den Entschluss, meine Elektro-Ingenieur-Tätigkeit an den Nagel zu hängen und eine Lehre als Biobauer zu machen. Dem bin ich bis heute treu geblieben. Bis 1997 engagierten wir uns gemeinsam in vielen Bergwaldprojektwochen. Später kam dann Karin mit dem einjährigen Jan in Elm zu Besuch, aber unsere Gruppenleitertätigkeit wurde seltener. Letztes Jahr besuchte ich Jan in seinen Zivi-Einsätzen in Elm GL und Wägital SZ und konnte es nicht lassen, mitzuarbeiten.
Jan: Meine Eltern haben mich, als ich zehn oder zwölf war, mit in ein Projekt in Elm genommen. Unter den Gruppenleitenden waren damals auch Zivis, das hat mich bereits da interessiert. Ich wollte schon damals nicht ins Militär. Als Jugendlicher von Hand Bäume zu fällen, das hat mir schon grossen Eindruck gemacht.
Was ist deine liebste Arbeit draussen?
Matthias: Bäume fällen und Hecken gestalten, möglichst mit dem Hintergrund die Biodiversität zu fördern und Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen zu kreieren.
Karin: Pflanzen und mähen und dabei die Alpensalamander beobachten.
Jan: Am liebsten fälle ich Bäume. Es ist anspruchsvoll, sie so zu fällen, dass sie richtig fallen. Mich fasziniert diese technische Seite sehr. Aber auch der Zaunbau ist toll, da sieht man jeden Abend sehr gut, was man geleistet hat.
An welchen Projektorten hast du bisher gearbeitet?
Matthias & Karin: Wir waren mehrmals in Curaglia GR, Haslen GL und Elm GL, dazu noch in Bargis GR und Fanas GR, sowie Matthias in Seewis GR und Uri. Als der aktuelle Geschäftsführer Martin Kreiliger sein erstes Projekt besuchte, sassen wir beide mit ihm und Renato Ruf (einer der Gründer des Bergwaldprojektes und der ehemalige Geschäftsführer) am Lagerfeuer, hoch über Curaglia.
Jan: Ich war im letzten Jahr als Zivi 180 Tage im Einsatz. Kenne nun Elm, das Taminatal SG, Scuol GR, Klosters GR, Soazza GR, Uri und die Rigi SZ. Und ich habe viele Schulprojekte in Trin begleitet. Mein Favorit ist Soazza, das südliche Klima, das schöne Tal, die vielen Kilometer Zaun, die wir gebaut haben. Das war ein sehr zufriedenstellender Einsatz.
Was unternehmt ihr gemeinsam?
Matthias & Karin: Wir unternahmen viele gemeinsame Velo- und Wanderferien mit den Kindern, meist mit Übernachtungen im Zelt oder in einfachen Hütten. Ohne Auto mussten alle ihr Gepäck selber tragen können. Seit über 20 Jahren machen wir ein Silvesterlager mit anderen Familien in den Bergen.
Jan: Früher waren wir oft gemeinsam im Urlaub, gemeinsam auf den Ski. Seit ich studiere ist das mit den Terminen nicht mehr so einfach. Kürzlich war ich aber mit meinem Vater einen Monat in Papua Neuguinea, da bin ich aufgewachsen und hab den Kindergarten dort besucht. Zudem holze ich noch immer mit meinem Vater und wir wandern gemeinsam.
Was ist dein Hobby?
Matthias: Unsere Berufe erfüllen uns und erfordern viel Engagement, so dass wenig anderes Platz hat. Gerne informiere ich mich über unser nächstes Reiseziel. Planen kann man das kaum nennen, eher träumen.
Karin: Hin und wieder gehen wir gerne an kulturelle Veranstaltungen und oft sind wir handwerklich tätig, im Garten, in der Küche, in der Werkstatt.
Jan: Ich klettere gerne und viel. Früher bin ich Kajak gefahren, aber dazu fehlt mir die Zeit im Moment. Zudem arbeite ich in einem Kino.
Was habt ihr als Familie mitgenommen vom Einsatz beim Bergwaldprojekt?
Matthias: Eine gesunde Einstellung zu den «Gefahren», die das Spielen in der Natur so mit sich bringt, unsere Kinder durften auf Bäume und Felsen klettern, dreckig und nass werden und mit Werkzeug hantieren. Für mein Empfinden hat das Bergwaldprojekt meine berufliche Laufbahn sehr positiv beeinflusst, statt Ingenieur und Umweltschützer auf Papier bin ich Biobauer mit Bodenhaftung geworden.
Karin: Verdreckte Kleider, Schwielen an den Händen und Harz in den Haaren – aber auch eine Sensibilisierung für Zusammenhänge und Wechselwirkungen in der Natur, bleibende Freundschaften, gemeinsame Erinnerungen und Begeisterung für die Arbeit am Berg.
Jan: Wir haben sicher über den gemeinsamen Einsatz gesprochen.
Würdest du einen Einsatz im Bergwaldprojekt deinen Kollegen empfehlen?
Matthias: Das mache ich, wann immer sich eine passende Gelegenheit bietet. Leider sind viele Kolleginnen und Kollegen in diversen Projekten engagiert, dass ein weiteres kaum Platz hat. Und die anderen sind zu träge, um so etwas Geniales auszuprobieren.
Karin: Sofort, doch trauen sich leider viele das einfache Hüttenleben und die körperliche Arbeit am Berg nicht (mehr) zu.
Jan: Ja, sicher. Ich habe letztes Jahr zwei Kollegen überredet, mitzukommen. Die waren in Uri dabei, wir hatten eine tolle Woche.
Was ist dein eindrücklichstes Erlebnis?
Matthias: Demo «Bäume pflanzen» am Seil mit Kuse Herren und mit einem Bus voll Holländer die zweitoberste Spitzkehre in Curaglia bewältigen; auch die legendäre Felssprengung für die Fundamente der ersten Brücke in Bargis mit Förster Hitsch Malär von Trin; und das Erwachen im Zelt auf Crap Stagias, bei Schnee, im Nebel, geweckt durch das Geschrei eines balzenden Auerhahns.
Karin: Bei Vogelgesang erwachen, den Sternenhimmel geniessen, Waldboden, Rinde und Harz riechen, Tautropfen im Spinnennetz bewundern, ins Tal blicken, die Sense schleifen, an Exkursionen und Bergtouren teilnehmen, sich zum kühlen Bad im Bergbach überwinden….und die Kochkünste der wunderbaren Projektköchinnen geniessen.
Jan: Mich hat es extrem beeindruckt, dass wir derart hohe Zäune bauen müssen, weil das Wild so hoch springen kann. Und auch der starke Schneefall auf der Rigi, nachdem Ende Woche bereits alles wieder grün war.
Wie sieht der Bergwald in 20 Jahren aus?
Matthias & Karin: Hoffentlich etwas vielfältiger, mit genug Menschen drin, die verstehen, was für einen Sinn und Wert er hat. Es darf aber auch mehr wilde und unberechenbare Stellen geben. Der Bergwald wird längerfristig schon überleben, die Frage ist nur, ob und wie der Mensch seinen Platz dabei und darin definiert.
Jan: Ich hoffe natürlich, dass man an jenen Stellen, an denen ich mitgearbeitet habe, auch etwas sieht in 20 Jahren. Das ist ja eine kurze Zeit. Vielleicht überragen mich die Bäume, die ich gepflanzt habe dann. Aber vor allem hoffe ich, dass kein Sturm kommt. Es wäre schön, wenn der Wald noch gleich stabil wäre wie heute.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Matthias & Karin: Wir wünschen uns, dass die Idee des Bergwaldprojektes sich weiter entwickelt, nicht grösser und kommerzieller wird, sondern weiterhin die Bedürfnisse des Bergwaldes und der heutigen Menschen zusammen bringt.
Karin: Dass das Bergwaldprojekt weiterhin und vermehrt junge Menschen begeistern kann, Handlungsmöglichkeiten aufzeigt und somit Engagement zur nachhaltigen Lösung zukünftiger Aufgaben bewirkt.
Jan: Mir ist aufgefallen, dass der Altersdurchschnitt in den Projekten relativ hoch ist. Es wäre sehr schön, wenn auch mehr junge Menschen Freiwilligenarbeit im Bergwald machen würde. Also, wenn sich meine Generation etwas mehr für dieses Thema sensibilisieren würde.
16. Mai 2018
Bergwaldprojekt, das will ich!
Martin
Jahrgang: 1966
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Geschäftsführer
Beruf: Forstingenieur und Bergführer
Berufung: Siedler in Kanada um 1860 oder Hirt
Lieblingsbaum: Mehlbeere und roter Holunder
Freizeit: Berge, Bücher, Musik
Armon
Jahrgang: 2002
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Teilnehmer
Beruf: Gymnasiast
Berufung: Kunst
Lieblingsbaum: Die Trauerweide gefällt mir
Freizeit: Zeichnen, Musik machen, Klettern
Wie bist du zum Bergwaldprojekt gekommen?
Martin: Während meines Studiums sah ich die damalige Broschüre des Bergwaldprojekts, die auf der Titelseite einen Stein, der von einem Baum gebremst worden ist, zeigt. Da sagte ich mir: «Das will ich!» Anfang der 90er Jahre dann, vor dem Schlussdiplom, war ich in Disentis in einer Pause mit dem Velo unterwegs. Auf Crap Stagias traf ich eine Gruppe Freiwilliger. Sie haben mich zum Znacht eingeladen, am Ende hat mir Bergwaldprojekt-Gründer Renato Ruf seine Stirnlampe ausgeliehen, damit ich im Dunkeln besser mit dem Velo wieder ins Tal runter komme. Das war der zweite Kontakt, und danach hab ich mich als Freiwilliger am Projekt Uri beteiligt. Im Jahr darauf war ich in der Gruppenleiterwoche in Malans und wieder ein Jahr später leitete ich die Projekte in Uri, an der Rigi und in Haslen. Danach war ich als selbständiger Forstingenieur tätig, bis ich für die Geschäftsführung des Bergwaldprojekts angefragt wurde. Dabei gab es gute Mitbewerber, das war eine enge Entscheidung. Ich bin heute noch froh, dass sich der Stiftungsrat damals für mich entschieden hat.
Armon: Mein Vater hat mich mitgenommen, er hatte damals schon länger für das Bergwaldprojekt gearbeitet und wollte, das wir auch mal sehen, wo er arbeitet. Meine Mutter und mein Bruder Julian waren auch dabei, die ganze Familie war im Familienprojekt in Trin. Ansonsten hab ich schon bei einigen Einsätzen tageweise mitgearbeitet, auch da war die ganze Familie dabei. Und dieses Jahr war ich mit dem Kloster Disentis in einer Projektwoche.
Was ist deine liebste Arbeit draussen?
Martin: Ehrlich gesagt, fälle ich für mein Leben gerne Bäume mit der Motorsäge. Meine Frau sagt, danach rieche ich so gut. Ich mache aber auch gerne Schlagräumungen. Wenn die Äste nach einem guten System aufeinandergelegt werden, dann entstehen wunderbar hohe Gebilde.
Armon: Von dem, was ich bisher gemacht habe, hat mir das Bauen der grossen Wildschutz-Zäune in Disentis gefallen. Das war sehr interessant, wir sahen direkt, was wir getan haben und durften mit Schrauben und Draht arbeiten.
An welchen Projektorten hast du bisher gearbeitet?
Martin: Praktisch an allen, ausser vielleicht an zwei Orten. Wenn ich ein Projekt besuche, dann arbeite ich immer mit. An fünf bis zehn Projektorten war ich auch schon als Projektleiter tätig. Der Chef muss auch draussen arbeiten, sonst verliert er den Bezug zur Kernaufgabe. Am liebsten arbeite ich in Schulprojekten, das ist zwar eine grosse Herausforderung, aber bei den Jugendlichen ist eine klare Entwicklung während ihres Einsatzes ersichtlich, was mich sehr freut.
Armon: Ich war bisher in Trin mehrmals im Einsatz, einmal in Disentis und im Sommer in Katalonien.
Was unternehmt ihr gemeinsam?
Martin: Wir gehen gemeinsam zu Berg. Dies nicht sportlich oder wettkampfmässig, aber meine Frau und ich teilen uns diese Leidenschaft, und die Jungen sind dabei. Später sollen sie sich selber entscheiden, was ihre Leidenschaft ist. Zudem musizieren Armon und ich zusammen. Mittlerweile spielt er besser Gitarre als ich, wir spielen und singen zusammen.
Armon: Wir haben einen Specksteinofen daheim, das ganze Haus wird mit diesem geheizt. Im Herbst und manchmal auch im Frühling holzen wir alle gemeinsam. Wir fällen Bäume und machen selber unsere Holzscheite.
Was ist dein Hobby?
Martin: Die Berge sind mein Hobby. Alpinismus allgemein, ausser Basejumpen mache ich praktisch alles. Bäume und Bücher würde ich auch noch dazu zählen.
Armon: In letzter Zeit klettere ich viel, in der Halle und draussen. Wir machen das als Familie, da muss man halt oft auch einfach mit. Auch auf Skitouren gehen wir viel. Ich zeichne ausserdem sehr gerne, meist Fantasyfiguren. Ich habe eine ganze Kiste voller Zeichnungen, das sind bestimmt 300 Stück. Ausserdem spiele ich sehr gerne Gitarre.
Was habt ihr als Familie mitgenommen vom Einsatz beim Bergwaldprojekt?
Martin: Mir hat die Teilnahme am Familienprojekt gezeigt, dass gemeinsame Zeit das wichtigste überhaupt ist. Für mich als Vollzeit-Arbeitender war es eine Entdeckung, wie die Kinder funktionieren, und zu was sie allem fähig sind. Und was für sie noch zu viel ist: Der jüngere Sohn, Julian, ist manchmal vor Anstrengung einfach eingeschlafen. Ich hatte etwas Respekt vor dieser Woche, aber es hat alles geklappt.
Armon: Wir sprechen zu Hause oft über das Bergwaldprojekt und Julian und ich diskutieren mit.
Würdest du einen Einsatz im Bergwaldprojekt deinen Kollegen empfehlen?
Martin: Ich lebe ja vom Bergwaldprojekt und hatte erst etwas Respekt, meine Kollegen darauf hinzuweisen. Aber das war völlig unbegründet, sie zeigen Interesse an unserer Organisation und etliche von ihnen sind mittlerweile Spender.
Armon: Ich würde sehr gerne mit einem Kollegen zusammen beim Bergwaldprojekt arbeiten.
Was ist dein eindrücklichstes Erlebnis?
Martin: Ein Schulprojekt in Vrin wird mir sehr in Erinnerung bleiben. Die Berge und die Natur wirken extrem auf Jugendliche, das ist toll zu beobachten. Einmal hatte ich einen Jungen in einem Projekt, der wollte Kieferorthopäde werden. Er hat die Werkzeuge super geschliffen, man sah schon seine Berufung.
Armon: In der Projektwoche diesen Herbst haben wir einmal an einem Tag bei übelstem Wetter eine Schlagräumung gemacht. Mich hat das beeindruckt, die Elemente waren in Aufruhr und wir haben dennoch gearbeitet. Wir mussten uns einen Unterschlupf aus einer Blache machen, für die Pausen. Sonst geht man bei solchem Wetter doch jeweils einfach nach Hause.
Wie sieht der Bergwald in 20 Jahren aus?
Martin: Das macht mir Sorgen. Er wird an gewissen Orten stabiler sein, vielfältiger und mit starker Struktur. Andernorts aber wird es mehr Lücken geben. Das Klima, Stürme und Trockenheit setzen ihm zu, die Fichte kommt unter Druck.
Armon: Es gibt ihn noch auf jeden Fall. Und wenn die Freiwilligen mit dem Bergwaldprojekt ihre Arbeit weiter gut machen, dann ergibt sich vielleicht auch einmal eine Veränderung in grösserem Rahmen.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Martin: Empathische Menschen, die sich in die ökologische Situation einfühlen können, und dann nach diesem Gefühl handeln und denken.
Armon: Wir haben gerade einen Partymonat hinter uns. Das hat mir sehr gefallen, ich würde gerne im Sommer etwas arbeiten und etwas feiern. In weiterer Zukunft möchte ich nach der Matura gerne studieren. Vielleicht an der Kunstgewerbeschule. Ich habe auch mal an ein Medizinstudium gedacht, vielleicht aber mache ich auch einfach ein Stundium in eine Richtung, die viele meiner Kollegen einschlagen.
11. Januar 2018