Harald Bugmann
Jahrgang: 1965
Beruf: Professor für Waldökologie an der ETH Zürich
Lieblingsbaum: Lärche und Arve
Hobbies: Kochen; Klavierspielen (wenn ich denn Zeit hätte)
Harald, du bist seit 2016 im Stiftungsrat vom Bergwaldprojekt. Wie kam es dazu?
Ich bin vom damaligen Präsidenten des Stiftungsrates angefragt worden. Der Bergwald hat es mir schon seit meiner Kindheit angetan, als ich die Ferien sehr oft im Val d’Anniviers (Wallis) verbrachte. Zudem betreibe ich seit bald 35 Jahren Forschung zu Gebirgswald-Themen. Da wäre es schwierig gewesen, nein zu sagen…
Was ist deine Arbeit als Professor für Waldökologie?
Die Auswirkungen des menschlich verursachten Klimawandels auf (Gebirgs-)Wälder stehen im Zentrum der Forschung an meiner ETH-Professur. Wir sammeln Langzeitdaten in etwa 50 Naturwaldreservaten der Schweiz, analysieren Prozesse der Walddynamik wie Baumsterblichkeit und Verjüngung, und integrieren diese Erkenntnisse in mathematische Modelle, um Walddynamik für die Vergangenheit und – was uns besonders interessiert – für die Zukunft zu simulieren.
Kommst du noch oft raus in den Wald?
Ja, eigentlich erstaunlich oft. Ich biete an der ETH neben Vorlesungen im Hörsaal auch 17 Exkursionstage an. Zusammen mit den Vorbereitungen für diese Exkursionen bin ich nur schon dafür einen Monat pro Jahr im Wald. Hinzu kommen Feldarbeiten mit den Studierenden, die Arbeit in der Gebirgswaldpflegegruppe (GWG), etc.; ich denke ich bin im Durchschnitt fast einen Tag pro Woche im Wald.
Du forschst intensiv zur Auswirkung des Klimawandels auf den Wald. Was kommt auf den Bergwald zu? Was können wir tun? Was können Förster:innen tun?
Mein grosses Anliegen ist, dass unsere Forschungsergebnisse in die Praxis umgesetzt werden. Meine Mitgliedschaft in der GWG seit 2000 spielt dabei eine zentrale Rolle. Der Bergwald steht vor grossen Veränderungen: Vegetationszonen verschieben sich weit nach oben, heutige Baumarten verschwinden, neue kommen nur langsam. Studien zeigen, dass die Forstwirtschaft diesen Prozess zielführend beschleunigen kann, etwa durch gezielte Stützpunktpflanzungen geeigneter Baumarten, damit wir in einigen Jahrzehnten bereits Samenbäume haben und wiederum mit Naturverjüngung arbeiten können. Flächendeckende Pflanzungen sind weder sinnvoll noch wirtschaftlich machbar.
Wo siehst du im Bergwald die grössten Herausforderungen, wo die grössten Chancen?
Die grösste Herausforderung im Objekt-Schutzwald ist, die Schutzfunktion dauerhaft zu sichern. In den letzten Jahrzehnten haben wir viel über den Umgang mit natürlichen Störungen gelernt. Die grösste Chance könnte sein, dass Störungen wie Windwurf und Borkenkäfer-Befall die Anpassung an den Klimawandel stark beschleunigen könnten. Ich meine das nicht zynisch: wir sehen heute, dass an vielen Orten nach Vivian und Lothar gemischte, recht gut strukturierte Wälder aufkommen, und das ist doch auch eine Chance.
Was wünschst du dem Bergwaldprojekt für die Zukunft?
Weiterhin gutes Gedeihen! Ich denke, es ist ein super Projekt in der Umweltbildung und bringt dem Grossteil der Teilnehmenden die Natur und den Bergwald näher. Und wenn man etwas versteht, kann man es auch gern bekommen. Der Schutzwald ist enorm wichtig für die Schweiz, gerade im Klimawandel, und deshalb braucht er die Unterstützung der ganzen Bevölkerung. Das Bergwaldprojekt trägt stark dazu bei.
15.11.2024