Jan
Jahrgang: 1997
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Zivi
Beruf: Medizinstudent
Berufung: Naturwissenschaften und Wildnis
Lieblingsbaum: Die Eibe.
Freizeit: Klettern, Pfadi und Nebenjob im Kino.

Matthias & Karin
Jahrgang: beide 1967
Arbeit beim Bergwaldprojekt: Gruppenleiter
Beruf: Biobauer/Arbeitsagoge; Primarlehrerin/Papierrestauratorin
Berufung: Nischenpflege; Handwerk
Lieblingsbaum: Weide; Pinie
Freizeit: Velofahren, Wandern, langsam Reisen, politisches Engagement

Wie bist du zum Bergwaldprojekt gekommen? 
Matthias: Ich wollte aktiv einen Beitrag zur Umweltbewegung leisten. Ein Inserat in der Greenpeace Zeitung gab den Ausschlag und im Sommer 1989 meldete ich mich zusammen mit Karin in der Bergwaldprojektwoche in Bargis GR an. Im Frühling 1990 folgte dann der Gruppenleiterkurs. Mich faszinierten die freakigen Leute voller Tatendrang und die berufsmässigen Bergler gleichermassen. Auch schätzten wir das gleichberechtigte Arbeiten in altersdurchmischten Gruppen. Das Bergwaldprojekt begann zu wirken und beeinflusste so manches in unserem Leben. So fasste ich mit 25 Jahren den Entschluss, meine Elektro-Ingenieur-Tätigkeit an den Nagel zu hängen und eine Lehre als Biobauer zu machen. Dem bin ich bis heute treu geblieben. Bis 1997 engagierten wir uns gemeinsam in vielen Bergwaldprojektwochen. Später kam dann Karin mit dem einjährigen Jan in Elm zu Besuch, aber unsere Gruppenleitertätigkeit wurde seltener. Letztes Jahr besuchte ich Jan in seinen Zivi-Einsätzen in Elm GL und Wägital SZ und konnte es nicht lassen, mitzuarbeiten.
Jan: Meine Eltern haben mich, als ich zehn oder zwölf war, mit in ein Projekt in Elm genommen. Unter den Gruppenleitenden waren damals auch Zivis, das hat mich bereits da interessiert. Ich wollte schon damals nicht ins Militär. Als Jugendlicher von Hand Bäume zu fällen, das hat mir schon grossen Eindruck gemacht.

Was ist deine liebste Arbeit draussen?
Matthias: Bäume fällen und Hecken gestalten, möglichst mit dem Hintergrund die Biodiversität zu fördern und Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen zu kreieren.
Karin: Pflanzen und mähen und dabei die Alpensalamander beobachten.
Jan: Am liebsten fälle ich Bäume. Es ist anspruchsvoll, sie so zu fällen, dass sie richtig fallen. Mich fasziniert diese technische Seite sehr. Aber auch der Zaunbau ist toll, da sieht man jeden Abend sehr gut, was man geleistet hat.

An welchen Projektorten hast du bisher gearbeitet?
Matthias & Karin: Wir waren mehrmals in Curaglia GR, Haslen GL und Elm GL, dazu noch in Bargis GR und Fanas GR, sowie Matthias in Seewis GR und Uri. Als der aktuelle Geschäftsführer Martin Kreiliger sein erstes Projekt besuchte, sassen wir beide mit ihm und Renato Ruf (einer der Gründer des Bergwaldprojektes und der ehemalige Geschäftsführer) am Lagerfeuer, hoch über Curaglia.
Jan: Ich war im letzten Jahr als Zivi 180 Tage im Einsatz. Kenne nun Elm, das Taminatal SG, Scuol GR, Klosters GR, Soazza GR, Uri und die Rigi SZ. Und ich habe viele Schulprojekte in Trin begleitet. Mein Favorit ist Soazza, das südliche Klima, das schöne Tal, die vielen Kilometer Zaun, die wir gebaut haben. Das war ein sehr zufriedenstellender Einsatz.

Was unternehmt ihr gemeinsam?
Matthias & Karin: Wir unternahmen viele gemeinsame Velo- und Wanderferien mit den Kindern, meist mit Übernachtungen im Zelt oder in einfachen Hütten. Ohne Auto mussten alle ihr Gepäck selber tragen können. Seit über 20 Jahren machen wir ein Silvesterlager mit anderen Familien in den Bergen.
Jan: Früher waren wir oft gemeinsam im Urlaub, gemeinsam auf den Ski. Seit ich studiere ist das mit den Terminen nicht mehr so einfach. Kürzlich war ich aber mit meinem Vater einen Monat in Papua Neuguinea, da bin ich aufgewachsen und hab den Kindergarten dort besucht. Zudem holze ich noch immer mit meinem Vater und wir wandern gemeinsam.

Was ist dein Hobby?
Matthias: Unsere Berufe erfüllen uns und erfordern viel Engagement, so dass wenig anderes Platz hat. Gerne informiere ich mich über unser nächstes Reiseziel. Planen kann man das kaum nennen, eher träumen.
Karin: Hin und wieder gehen wir gerne an kulturelle Veranstaltungen und oft sind wir handwerklich tätig, im Garten, in der Küche, in der Werkstatt.
Jan: Ich klettere gerne und viel. Früher bin ich Kajak gefahren, aber dazu fehlt mir die Zeit im Moment. Zudem arbeite ich in einem Kino.

Was habt ihr als Familie mitgenommen vom Einsatz beim Bergwaldprojekt?
Matthias: Eine gesunde Einstellung zu den «Gefahren», die das Spielen in der Natur so mit sich bringt, unsere Kinder durften auf Bäume und Felsen klettern, dreckig und nass werden und mit Werkzeug hantieren. Für mein Empfinden hat das Bergwaldprojekt meine berufliche Laufbahn sehr positiv beeinflusst, statt Ingenieur und Umweltschützer auf Papier bin ich Biobauer mit Bodenhaftung geworden.
Karin: Verdreckte Kleider, Schwielen an den Händen und Harz in den Haaren – aber auch eine Sensibilisierung für Zusammenhänge und Wechselwirkungen in der Natur, bleibende Freundschaften, gemeinsame Erinnerungen und Begeisterung für die Arbeit am Berg.
Jan: Wir haben sicher über den gemeinsamen Einsatz gesprochen.

Würdest du einen Einsatz im Bergwaldprojekt deinen Kollegen empfehlen?
Matthias: Das mache ich, wann immer sich eine passende Gelegenheit bietet. Leider sind viele Kolleginnen und Kollegen in diversen Projekten engagiert, dass ein weiteres kaum Platz hat. Und die anderen sind zu träge, um so etwas Geniales auszuprobieren.
Karin: Sofort, doch trauen sich leider viele das einfache Hüttenleben und die körperliche Arbeit am Berg nicht (mehr) zu.
Jan: Ja, sicher. Ich habe letztes Jahr zwei Kollegen überredet, mitzukommen. Die waren in Uri dabei, wir hatten eine tolle Woche.

Was ist dein eindrücklichstes Erlebnis?
Matthias: Demo «Bäume pflanzen» am Seil mit Kuse Herren und mit einem Bus voll Holländer die zweitoberste Spitzkehre in Curaglia bewältigen; auch die legendäre Felssprengung für die Fundamente der ersten Brücke in Bargis mit Förster Hitsch Malär von Trin; und das Erwachen im Zelt auf Crap Stagias, bei Schnee, im Nebel, geweckt durch das Geschrei eines balzenden Auerhahns.
Karin: Bei Vogelgesang erwachen, den Sternenhimmel geniessen, Waldboden, Rinde und Harz riechen, Tautropfen im Spinnennetz bewundern, ins Tal blicken, die Sense schleifen, an Exkursionen und Bergtouren teilnehmen, sich zum kühlen Bad im Bergbach überwinden….und die Kochkünste der wunderbaren Projektköchinnen geniessen.
Jan: Mich hat es extrem beeindruckt, dass wir derart hohe Zäune bauen müssen, weil das Wild so hoch springen kann. Und auch der starke Schneefall auf der Rigi, nachdem Ende Woche bereits alles wieder grün war.

Wie sieht der Bergwald in 20 Jahren aus?
Matthias & Karin: Hoffentlich etwas vielfältiger, mit genug Menschen drin, die verstehen, was für einen Sinn und Wert er hat. Es darf aber auch mehr wilde und unberechenbare Stellen geben. Der Bergwald wird längerfristig schon überleben, die Frage ist nur, ob und wie der Mensch seinen Platz dabei und darin definiert.
Jan: Ich hoffe natürlich, dass man an jenen Stellen, an denen ich mitgearbeitet habe, auch etwas sieht in 20 Jahren. Das ist ja eine kurze Zeit. Vielleicht überragen mich die Bäume, die ich gepflanzt habe dann. Aber vor allem hoffe ich, dass kein Sturm kommt. Es wäre schön, wenn der Wald noch gleich stabil wäre wie heute.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Matthias & Karin: Wir wünschen uns, dass die Idee des Bergwaldprojektes sich weiter entwickelt, nicht grösser und kommerzieller wird, sondern weiterhin die Bedürfnisse des Bergwaldes und der heutigen Menschen zusammen bringt.
Karin: Dass das Bergwaldprojekt weiterhin und vermehrt junge Menschen begeistern kann, Handlungsmöglichkeiten aufzeigt und somit Engagement zur nachhaltigen Lösung zukünftiger Aufgaben bewirkt.
Jan: Mir ist aufgefallen, dass der Altersdurchschnitt in den Projekten relativ hoch ist. Es wäre sehr schön, wenn auch mehr junge Menschen Freiwilligenarbeit im Bergwald machen würde. Also, wenn sich meine Generation etwas mehr für dieses Thema sensibilisieren würde.

16. Mai 2018

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