Interdisziplinär und International im Bergwald

Im Jahr 1990 zerstörte der Winterorkan «Vivian» grossflächig viele Bergwälder in der Schweiz. Einige Schutzwälder, wie etwa in Pfäfers im St. Galler Taminatal, haben sich bis heute nicht davon erholt.

Vom 1. bis 9. Juli 2017 unterstützten 32 Studierende aus der ganzen Welt die Sanierungsarbeiten dieses Waldes tatkräftig im Rahmen der ETH Sustainability Summer School. Sie bauten Begehungswege, pflanzten Bäume und erstellten Dreibeinböcke als Schutz vor Schneekräften. Zudem erhielten die Teilnehmenden Input von Experten aus der Wissenschaft und Praxis, auf deren Grundlage sie in Kleingruppen Fallstudien zu aktuellen Themen der Bewirtschaftung von Bergwäldern und der Landnutzung in Gebirgsräumen bearbeiteten.

Die Fallstudien befassten sich unter anderem mit den Fragen, inwieweit sich die Waldbewirtschaftung an das sich ändernde Klima anpassen muss, und ob man spärlich bewohnte Bergsiedlungen künftig ganz aufgeben sollte. Auch die zunehmende Anzahl an Schalenwild, die Präsenz des Wolfes und deren Auswirkung auf den Bergwald wurden von den Studierenden genauer unter die Lupe genommen.

Das Bergwaldprojekt organisierte die Summer School gemeinsam mit ETH Sustainability und der ETH-Professur für Waldökologie. Die Woche wurde durch die Swiss Re Foundation unterstützt.

Mit diesem ungewöhnlichen Projekt sollten bewusst (scheinbar) bewährte Denkmuster durchbrochen und hinterfragt werden. Dies gelang durch die Teilnehmerschaft aus 17 verschiedenen Ländern und 14 verschiedenen Fachrichtungen und durch die Kombination von praktischer Arbeit im steilen Bergwald sowie interdisziplinären Vorlesungen. Die Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltverschmutzung in verschiedenen Weltzonen wurden ebenso diskutiert wie die Nutzung der Wälder und die Bedeutung der Grossraubtiere dort. So erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beispielsweise, dass der Wolf im Japanischen Kulturkreis kein «Rotkäppchen-Image» hat wie in der westlichen Welt, sondern als nützliches Tier eingestuft wird.

Die je 16 Frauen und Männer aus 15 verschiedenen akademischen Fachrichtungen – beispielsweise Umwelt, Architektur, Mathematik, Nachhaltigkeit, Biologie, Maschinenbau und Forstwirtschaft – erlebten mit der handfesten Waldarbeit den praktischen Bezug zu ihren Gruppenarbeiten. Nicht zuletzt leisteten sie mit dem Bau von 25 Dreibeinböcken, 280 Meter Begehungswegen, dem Erstellen von drei Wildschutzzäunen und einer Brücke einen konkreten Beitrag zur Pflege des sturmgeschädigten Bergwalds und zu einem nachhaltigen Schutz vor Naturgefahren für die Bevölkerung. Diese Erfahrungen nehmen sie mit in ihre Tätigkeit an den Forschungsuniversitäten rund um den Globus. Ungewohnte Herausforderungen – wie der Klimawandel – rufen manchmal nach ungewohnten Lösungen. Vielleicht sind sie im Bergwald zu finden?

Links
Radio-Beitrag im Regionaljournal GR
Professur Waldökologie

10. August 2017

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